Selbsthilfe bei SPS

Ein Leben in (völliger) Isolation? Du bist sehr introvertiert, ängstlich-vermeidend oder gar schizoid? Wie gehst du damit um?
fta
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Selbsthilfe bei SPS

Beitragvon fta » 20. Januar 2023, 20:05

Hallo,

ich habe sonst nichts gefunden. Gibt es Möglichkeiten die schizoide Persönlichkeitsstörung(SPS) selbst erträglicher zu machen oder zu überwinden? Ich finde immer wieder Verhaltens- und Tiefenpsychologische Betreuung als einzige Behandlung. Oder noch supportiv Medikamente dazu. Angesichts der monatelangen Wartezeiten auf einen Platz, wollte ich wissen, ob man selbst irgendwas tun kann.

Danke.

fta

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Re: Selbsthilfe bei SPS

Beitragvon eremit » 21. Januar 2023, 14:10

Hallo fta,

Persönlichkeitsstörungen gehören zur Persönlichkeit, die lässt sich an sich nicht heilen oder überwinden.
Man kann versuchen zu lernen damit umzugehen, das ist individuell von der Situation abhängig und kann sehr langwierig sein.
Vielleicht kannst du beschreiben wo deine grössten Schwierigkeiten liegen und jemand kann hier mit Erfahrungen oder Tipps etwas weiterhelfen. Eine Allheilmittel gibt es leider nicht.

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Re: Selbsthilfe bei SPS

Beitragvon 2ost » 21. Januar 2023, 15:41

Grundsätzlich nicht, denke ich. Wenn du die Wahl hast, an Stellschrauben dir bekannter Stressoren zu drehen. (Hier etwa eine quasi Reizfilterschwäche, bei der Kopfhörerbeschallung den Stress zumindest etwas mildert.), kann es das wohl etwas leichter machen. Schnelle Lösungen wirst du aber vermutlich keine finden. Bzw. falls doch, dann gib mir bitte umgehend auch Bescheid.

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Re: Selbsthilfe bei SPS

Beitragvon ToWCypress81 » 21. Januar 2023, 18:48

fta hat geschrieben:Gibt es Möglichkeiten die schizoide Persönlichkeitsstörung(SPS) selbst erträglicher zu machen oder zu überwinden?

Psychische Diagnosen kann man meines Erachtens nicht mit körperlichen Diagnosen vergleichen.

Das ist nicht so wie, ich habe Schnupfen und nehme jetzt dieses Medikament, Vitamine oder schone mich.

Wie ist denn dein Empfinden Menschen gegenüber?
Empfindest du dich Menschen gegenüber eher minderwertig? Hast du Angst vor Ablehnung? empfindest du Scham Menschen gegenüber? Bist du eher Konfliktvermeidend? Bist du Menschen emotional distanziert? Bist du Menschen gegenüber aggressiv? Bist du Menschen gegenüber emotional blockiert? usw.

Und woher denkst du kommt dieses Verhalten?
Wie war deine Erziehung und deine sozialen Erfahrungen?

Aufgrund all dieser Fragen und Bewusstwerdung dessen kann man dann Wege finden entgegengesetzt an sich zu arbeiten.
Z. B. sein Selbstbewusstsein zu fördern, anders zu werten, seine Haltung zu Dingen verändern usw.
"Vergleiche dich niemals mit anderen. Vergleiche dich immer nur mit deinem früheren Ich". - R. M.

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Re: Selbsthilfe bei SPS

Beitragvon schizo-ID » 21. Januar 2023, 19:42

Hallo fta,

wie die anderen schon geschrieben haben, lassen sich Persönlichkeitsstörungen nicht "mal eben schnell wegtherapieren" und sind trotz ähnlicher "Symptome" individuell sehr unterschiedlich.
Wenn dir Ängste zu schaffen machen oder du mit depressiver Stimmung kämpfst, könnten vielleicht entsprechende Online-Selbsthilfeprogramme etwas für dich sein, um die Zeit bis zum Erhalt eines Therapieplatzes zu überbrücken. Mir hat das geholfen, die psychischen Folgen meiner SPS zu reduzieren. Diese Programme findet man ganz leicht via Suchmaschine. Einige der Programme sind kostenfrei, andere kostenpflichtig. Viele Krankenkassen übernehmen aber inzwischen problemlos und unbürokratisch die Kosten.

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Re: Selbsthilfe bei SPS

Beitragvon orinoco » 21. Januar 2023, 22:18

Hallo fta,
ich vertrete die Fraktion, dass Selbsthilfe nicht nur möglich sondern sogar der bessere Weg ist mit psychischen Problemen besser klar zu kommen. Einerseits hilft besser verstehen warum man so ist wie man ist, andererseits ist Selbstwirksamkeit, also das Heft des Handelns selbst in der Hand zu behalten bereits eine sehr wirksame Selbsttherapie, denn ohnmächtig einem System ausgeliefert zu sein, dass einen auf lange Wartelisten setzt und man dann bestenfalls 1½ Stunden die Woche oder mal ein paar Monate "therapiert" wird, womöglich noch falsch und arrogant "behandelt" wird und ansonsten 24/7 weiter einem unguten, verständnislosen sozialen Umfeld ausgesetzt ist, das in die Therapie überhaupt nicht einbezogen wird, tut alles andere als wirklich gut.
In meinem unten verlinkten Blog gebe ich einerseits Erklärungsmodelle andererseits Anregungen wie eine Selbst"therapie" aussehen kann. Grundsätzlich: von nix kommt nix. Und überwinden im Sinne einer Heilung gibt es meiner Ansicht nach so nicht. Man kann mit dieser psychischen Behinderung leben lernen. Aber das erfordert radikale Erkenntnis und dann entsprechendes Handeln. Und es dauert bis man sich "freigeschwommen" hat. Hoffe das hilft.
Verständnis ist für den Traumatisierten, was die niedrige Bordsteinkante für den Rollstuhlfahrer.
t+ - mein Traumablog (nichtkommerziell und werbefrei)
Disclaimer "Lesen auf eigene Gefahr!" - unbedingt lesen!

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Re: Selbsthilfe bei SPS

Beitragvon oderint » 26. Februar 2023, 23:56

Hallo fta,

was soll denn überwunden oder erträglicher gemacht werden?

Der Schizoide lebt zurückgezogen, hat keine oder wenige soziale Kontakte. Wertfrei ausgedrückt ist er allein. Die Frage ist nun, ob das Alleinsein als Einsamkeit empfunden wird. Ist das der Fall, braucht es eine Kompensation. Die kann beispielsweise darin bestehen, dass man Sport treibt, Hobbys pflegt, Bücher liest oder schreibt, musiziert oder sonst etwas macht, was an die Stelle des fehlenden sozialen Kontakts tritt. Ist das nicht möglich drohen Depressionen, die gegebenenfalls einer medikamentösen Behandlung bedürfen. Das wird der Psychiater versuchen herauszufinden.

Das Alleinsein und die damit eventuell einhergehende Einsamkeit ist beim Schizoiden ein schwieriges Feld. Er sucht den sozialen Kontakt, lässt ihn aber nur bis zu einem gewissen Grad zu und bricht ihn ab, wenn er zu intensiv wird. Das erschwert ganz erheblich soziale Bindungen. Ist die Schizoidie stark ausgeprägt, sind Partnerschaften kaum möglich, was das Gefühl der Einsamkeit manchmal unerträglich macht. Glücklich kann sich schätzen, wer dann wenigstens eine Vertrauensperson hat, der er sich anvertrauen kann. Die Frage die es zu klären gilt, ist also, ob du dich einsam fühlst und wie du bisher damit umgegangen bist und natürlich, wie stark die Persönlichkeitsstörung ausgeprägt ist.

Ich will dir nicht den Mut nehmen. Aber Psychologen und Psychiater werden dir keine Tablette verschreiben, die Heilung verspricht und dir auch keine Empfehlung geben können, wie deine Persönlichkeitsstörung verschwindet. Erschwerend kommt hinzu, dass der Schizoide soziale Kontakte meidet und es ihm deshalb schwer fällt, die für eine erfolgreiche Therapie notwendige Nähe/Bindung zu einem Psychologen aufzubauen. Der erfahrene Psychologe weiß das und wird sich die Zeit nehmen, die es braucht, bis ein offenes Gespräch geführt werden kann. Wie viele Therapiesitzungen nötig sind, ist eine Frage des Einzelfalls. Wie viele Sitzungen die Krankenkasse bezahlt, wäre im Vorfeld abzuklären. Auch von einer stationären Aufnahme würde ich mir nicht zu viel versprechen.

Gruß

attingat

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Re: Selbsthilfe bei SPS

Beitragvon 2ost » 27. Februar 2023, 10:55

oderint hat geschrieben:was soll denn überwunden oder erträglicher gemacht werden?

Der Schizoide lebt zurückgezogen, hat keine oder wenige soziale Kontakte. […]
Oder aber "will" zurückgezogen leben, mit wenigen oder keinen sozialen Kontakten … und kann dieses aber, sozialer und/oder finanzieller Umstände wegen nicht realisieren. Dann käme der Leidensdruck nicht aus irgendeinem Einsamkeitsempfinden heraus. Bei dir liest es sich so, als hieße schizoid zu sein, das man soziale Kontakte nicht braucht und gut. Es ist bei mir aber nicht so, dass ich sie nicht brauche, sondern das ich sie so wenig ertrage, wie wenn jemand mit langen Fingernägeln genüsslich langsam über eine wandbreite Schultafel kratzte. Einsamkeit hingegen ist etwas, das ich kaum kenne und seltenst erlebe. Einsamkeit ist hier also nicht das Problem, noch Ursache des Leidensdrucks.

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Re: Selbsthilfe bei SPS

Beitragvon ToWCypress81 » 28. Februar 2023, 16:53

2ost hat geschrieben:Es ist bei mir aber nicht so, dass ich sie nicht brauche, sondern das ich sie so wenig ertrage, wie wenn jemand mit langen Fingernägeln genüsslich langsam über eine wandbreite Schultafel kratzte.

Hi 2ost,

weißt du genau was die Punkte sind die du an der Anwesenheit von Menschen als unerträglich empfindest?
Bemerkst du an dir, das das von Mensch zu Mensch unterschiedlich ist?
Oder ist es so, das du allen Menschen gegenüber etwa eine starke Antipathie empfindest und falls ja, kannst du dir den Grund oder gar Grundangst die dazu führt dazu genau erklären?
Oder sind das eher Reiz-Oberflächlichkeiten, wie Lautstärke, Visuelles oder Gerüche die diese Unerträglichkeiten auslösen?
Oder sind das ganz bestimmte Emotionen an Menschen die dich triggern?

Früher habe ich bei mir auch angegeben, das ich Menschen nicht ertrage.
Verstanden hatte ich das damals allerdings nicht. Mein Selbst beherrschte damals nur Wut und Hass Menschen gegenüber.
Erst jetzt erkenne ich immer mehr, das meine Wut und das nicht Ertragen von Menschen auf einer Angst vor Ablehnung und Kritik basierte.
Damals hätte ich das niemals eingestanden da mich als ängstlich oder Probleme mit Kritik oder Ablehnung in Verbindung zu bringen. Ich habe das immer rigoros abgekanzelt und stattdessen mit Wut alleine der Frage hin reagiert.

Diese Wut und Unnahbarkeit dergleichen Fragen und Einflüsse, sei es gegenüber Psychologen genauso wie allen anderen Menschen gegenüber, war, das habe ich mittlerweile erkannt, zumindest bei mir ein reiner Schutzmechanismus. Der diese vermeintlichen "Schwächen" wie Angst oder Probleme mit Kritik gegenüber anderen deckeln bzw verstecken sollte. Um dadurch nur auch wieder nicht abgelehnt oder deswegen kritisiert zu werden. Ein Teufelskreis. Der mich immer weiter von Menschen wegbewegte. Und mich dadurch letztendlich komplett abkapselte. Sei es in meine Wohnung oder in mein Selbst Menschen gegenüber.

Was natürlich nicht heißen soll das das bei dir genauso sein muß.
Dies nur als Beispiel dient.
"Vergleiche dich niemals mit anderen. Vergleiche dich immer nur mit deinem früheren Ich". - R. M.

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Re: Selbsthilfe bei SPS

Beitragvon bluelagoon » 3. März 2023, 16:40

@ToWCypress81
Darf ich fragen, ob bzw. was und wenn ja wie dir diese Erkenntnis nützt? Also die Erkenntnis/Vermutung, dass es bei dir v.a. auf Angst vor Ablehnung und Kritik basiert? Denn bei mir ist es auch so, aber mir war eigentlich immer klar, dass das der Grund ist oder zumindest ein Hauptgrund (ein anderer Hauptgrund ist hohe Sensibilität, also nicht nur im Sinne von Schüchternheit, sondern eben auf alle möglichen Reize, und dann der Umgang mit den Reizen, so wie es z.B. auch Austisten und ADHSlern geht). Denn schüchtern mit Angst vor Ablehung war ich schon immer, soweit meine Erinnerungen zurückreichen, das Schizoide kam erst später. Dadurch ist meine Angst weniger geworden bzw. ich kann sie besser ertragen, aber als "Preis" dafür fühle ich mich auch weniger zugänglich/weniger verbunden.
Ist ja auch logisch, wenn man der Verbindung zu anderen irgendwie weniger Bedeutung beimisst, leidet man auch weniger, wenn einen jemand ärgert oder wenn man auch nur denkt: Vielleicht mag der mich nicht. Ich finde man kann dann auch nicht wirklich sagen: Der Patient sagt nur, er wolle keine Kontakte, eigentlich will er ja, er hat nur Angst davor. Denn der Schizoide will ja wirklich nicht, er hat ja die Ebene der Angst quasi verlassen. Die Angst ist nicht weg, aber sie ist ihm auf der Ebene der Schizoidie oft einfach nicht bewusst.

Ich habe gelesen und auch selbst von Therapeuten mitbekommen, Psychotherapeten argumentieren teilweise, dass die Ebene der Angst die weiterentwickelte/reifere sei. Weil man da das Problem "ohne Schutzschild" sehen würde, wie es wirklich sei, und man dann quasi "nur noch" die Angst und ggf. Depression behandeln muss. Wenn man aber schon sein ganzes Leben über alles probiert hat, die Ängste loszuwerden und sehr darunter gelitten hat, dann aber seit den schizoiden Anteilen zumindest etwas Erleichterung verspürt und besser zurecht kommt (von super gutgehen/super gut zurecht kommen rede ich natürlich nicht) - wäre es da nicht realistischer zu sagen, so will ich lieber leben als ständig in Angst und Panik? Wobei man betonen muss, das Schizoide ist (zumindest bei mir, ich kann ja nicht für alle reden) kein Schalter, wo ich selbst jederzeit die Wahl hätte, wenn ich den jetzt umschalte, habe ich "nur noch Angst", bin dafür aber wieder zugänglicher/fühle mich wieder verbundener.


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