Interesse zu Menschen durch Tatsachen-Wissen anstatt durch einen Glaubensansatz

Ein Leben in (völliger) Isolation? Du bist sehr introvertiert, ängstlich-vermeidend oder gar schizoid? Wie gehst du damit um?
Insuffizienz
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Re: Interesse zu Menschen durch Tatsachen-Wissen anstatt durch einen Glaubensansatz

Beitragvon Insuffizienz » 13. Dezember 2020, 11:02

Naja, was ich mit den Formulierungen meine, das kann man aus dem Kontext denke ich leicht erschließen. Es bringt ja nichts einzelne Attribute herauszunehmen und sie dann einzeln betrachtet für unverständlich zu erklären.
Wo ich "äußerliches" Verständnis geschrieben habe, da habe ich wohl rein rationales Verständnis gemeint, weil ich es der Empathie gegenübergestellt habe. Empathie ist eben emotionales Verständnis, man mag sich wohl irgendwie auch intellektuell in den anderen hineinversetzen, das ist aber gleichzeitig mit Gefühlen verbunden. In diesem Kontext meint offensichtlich "äußerlich" (weil ich das Adjektiv neben "rational" schrieb), dass es ohne diese gefühlsmäßige Verbindung vorliegt.

Zudem habe ich doch geschrieben, dass Einfühlung oder Gefühlsaustausch für bloß rationale Kommunikation, die sich explizit vom Bezug auf Emotionen distanziert, "unpraktikabel" ist.

Für deine Transparenz bzw. unser Verständnis hier im Thread wärst du uns jedoch noch eine Definition schuldig, was du nämlich unter Fakten/Informationen versteht. Gefühle kann man ja auch als Information betrachten. Warum sollte z.B. das Bedürfnis nach Nahrung (Hunger) eine Information/Sache usw. darstellen, aber das nach Zärtlichkeiten oder emotionaler Nähe nicht?

ToWCypress81 hat geschrieben:Aus meinem Empfinden heraus sind nur Gefühle schwer verständlich. Da diese keine Sache/Wissen darstellen sondern nur aus äußerlichen Gegebenheiten und/oder Oberflächlichkeiten, Launen und sozialen Anerkennungs-Bedürfnissen heraus entstehen.

Aus dieser ich sage einmak rein technischen Sicht sind Gefühle tatsächlich unnötig kompliziert, unberechenbar und unbrauchbar. Aus deiner Formulierung höre ich eine Abwertung von Gefühlen heraus, was ich für mich nicht mitmache.
Dass etwas "nur" oberflächlich ist, ist nun einmal eine moralische, subjektive Bewertung. Im Prinzip könnte man jedes Grundbedürfnis, jedes Interesse als Oberflächlichkeit degradieren.
Umgekehrt: Welcher Wunsch von den Menschen ist letztlich nicht auch primitiv? - welches Interesse ist reine Sache/Wissen, und nicht aus irgendwelchen Bedürfnissen oder "Oberflächlichkeiten" zu erklären?

Worum würde sich Kommunikation drehen, wenn sich alle nach deiner Position richten? Über welche Bedürfnisse würde man sich austauschen? Es sollen ja keine "sozialen Anerkennungsbedürfnisse" oder Gefühle sein, dann bleiben noch Themen wie Grundbedürfnisse: Hunger, Sicherheit usw. oder vielleicht kulturell ausgereifte Interessen wie wissenschaftliche oder technologische Themen. Inwieweit Kunst in deine nicht-oberflächliche Welt passt, weiß ich nicht. (Wieder will ich erwähnen, dass ich das nicht bewerte. Ich bin zwar anderer Meinung, aber solange deine Haltung niemanden schadet, habe ich praktisch nichts daran auszusetzen.)

ToWCypress81 hat geschrieben:Es geht nicht um Emphatie "mögen" oder "nicht mögen", jedenfalls nicht bei mir.
Ich kann ein Mitschwingen oder Mitfühlen in den meisten Fällen bei Menschen einfach nicht, da ich deren innere Gefühlsregungen nicht verstehe.

Würdest du das denn wollen? Hast du es schon einmal trainiert oder dich dafür beraten lassen (z.B. von Therapeuten)?

Gruß

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Re: Interesse zu Menschen durch Tatsachen-Wissen anstatt durch einen Glaubensansatz

Beitragvon ToWCypress81 » 13. Dezember 2020, 16:39

Insuffizienz hat geschrieben:Naja, was ich mit den Formulierungen meine, das kann man aus dem Kontext denke ich leicht erschließen.

Wenn ich den Kontext verstanden hätte mit diesen Formulierungen, hätte ich nicht nachgefragt.
Ich bin kein Mensch der aus Spaß oder um zu provozieren schreibt. Was ich schreibe meine ich auch so.

Insuffizienz hat geschrieben:Wo ich "äußerliches" Verständnis geschrieben habe, da habe ich wohl rein rationales Verständnis gemeint,

"Rational" heißt laut Internet: vernünftig, [überlegt und] sinnvoll. Sodass ich nun daraus schließe, das du meinst das du ein durchdachtes, Sach/Fakten/Wissen-bezogenes Verständnis mit "äußerlichem Verständnis" gemeint hast, im Gegenteil zu einem Gefühlsbezogenen Verständnis.

Insuffizienz hat geschrieben:Zudem habe ich doch geschrieben, dass Einfühlung oder Gefühlsaustausch für bloß rationale Kommunikation, die sich explizit vom Bezug auf Emotionen distanziert, "unpraktikabel" ist.

Unpraktikabel, heißt laut Internet: unbrauchbar, undurchführbar.
Wenn ich diesen Satz übersetzen müsste, würde das heißen: Das in einer rein sachbezogenen, Fakten/Wissen-basierten, durchdachten Kommunikation die sich von Emotionen (Gefühlen) distanziert, ein Gefühlsaustausch nicht durchführbar ist.

Ich finde sehr wohl, das Gefühle mit Wissen (= nachgewiesene Fakten = Sachbezogenes) verbunden werden können und man diese auch so mit dem Wissen formulieren kann, mimisch, sowie auch im Tonfall.

Insuffizienz hat geschrieben:Für deine Transparenz bzw. unser Verständnis hier im Thread wärst du uns jedoch noch eine Definition schuldig, was du nämlich unter Fakten/Informationen versteht. Gefühle kann man ja auch als Information betrachten. Warum sollte z.B. das Bedürfnis nach Nahrung (Hunger) eine Information/Sache usw. darstellen, aber das nach Zärtlichkeiten oder emotionaler Nähe nicht?

Gefühle wie Zärtlichkeit, emotionale Nähe oder so etwas wie Hunger, ist wie du schon teils schreibst ein "Bedürfnis".
Zu Informationen für den anderen, werden Gefühle und Hunger nur, wenn man diese ausformuliert. Sodass jeder weiß, was, wann und welches dieser Bedürfnisse man hat. Durch das "Ausformulieren" des Bedürfnisses wird daher das Bedürfnis Sach-bezogen, zu einem Fakt, zu einer Gewissheit (Wissen) das man das braucht. Da es einem sonst tatsächlich (= Tatsache/Fakt) schlecht ergeht.

Wenn man diese Bedürfnisse nicht ausformuliert, und nur in Zweideutigkeiten, emotionale Ausrufe und gefühlsbetonter Mimik und Gestik anbringt, ohne diese auszuformulieren, geht dieser Mensch, wie die meisten "normal-fühlenden Menschen" davon aus, das der Gegenüber "Mitschwingt", "Mitfühlt" oder das irgendwie "emotional Mitbekommt", wie es in den allermeisten Konversationen Nonverbal "Gang und Gebe" (Standard) ist.

Ich kann diese Nonverbale Konversation nicht.
Ich kann diese nonverbalen Gefühle nicht adäquat oder Sachbezogen einschätzen, deuten und nicht entsprechend ausdifferenziert bestimmen.

Erst wenn ich die Gefühle ausformuliert bekomme, verstehe ich wie diese Gefühle gemeint sind.

Fakten, Sachbezogenes, Wissen: sind für mich daher alles nachweisliche Fakten und Wissen die im Ganzen ausformuliert werden.

Insuffizienz hat geschrieben:Dass etwas "nur" oberflächlich ist, ist nun einmal eine moralische, subjektive Bewertung. Im Prinzip könnte man jedes Grundbedürfnis, jedes Interesse als Oberflächlichkeit degradieren.

Das habe ich nicht gemacht und hatte ich auch nicht so gemeint.
"Oberflächliche" Gefühle war nicht bewertend gemeint.
Damit meinte ich: "Der erste Eindruck" (auch Leute die sich bereits kennen), wie Menschen anderen Menschen gegenüber in Begegnungen in den meisten Fällen zuerst empfinden.
Das erste was andere oft sagen oder emotional ausrufen wenn sie jemanden sehen ist: "du siehst gut aus", "wie siehst du denn aus", "du siehst schlimm aus", "was ist das denn für ein Haarschnitt", "du hast deine Klamotten wohl von KiK gekauft", "coole Sneakers/Klamotten", "du siehst aus wie ein Psycho", "du siehst cool/nett aus", "du siehst behindert aus" usw.

Das sind alles Emotionen, die auf dem oberflächlichen Erscheinungsbild (= äußere Oberfläche) der Person basieren.

Insuffizienz hat geschrieben:Worum würde sich Kommunikation drehen, wenn sich alle nach deiner Position richten? Über welche Bedürfnisse würde man sich austauschen? Es sollen ja keine "sozialen Anerkennungsbedürfnisse" oder Gefühle sein, dann bleiben noch Themen wie Grundbedürfnisse: Hunger, Sicherheit usw. oder vielleicht kulturell ausgereifte Interessen wie wissenschaftliche oder technologische Themen. Inwieweit Kunst in deine nicht-oberflächliche Welt passt, weiß ich nicht.

Man würde sich über alles austauschen über was sich Alle Menschen austauschen, auch Gefühle und soziale Anerkennungsbedürfnisse usw, da gibt es bei mir überhaupt keine Grenzen.
Dabei wäre dann im Gegenteil zur nonverbalen
gefühlsorientierten Konversation stattdessen jedes Thema und jedes Gefühl einfach nur ausformuliert. Sodass anhand dem was kommuniziert wird jeder, in jedem Aspekt versteht wie das + was gemeint ist.

Insuffizienz hat geschrieben:Würdest du das denn wollen?
- Mitschwingen, mitfühlen betreffend:

Es geht nicht darum das ich etwas nicht will. Ich kann nonverbale gefühlsorientierte Kommunikation kaum verstehen. Ich frag bei so einer Art der Konversation, bei Wörtern und Sätzen die sich nicht selbst erklären, sondern Menschen dabei nur speziell gucken und diese speziell betonen meistens nach wie die Person das gemeint hat oder was die Person gemeint hat.
Sodass, wenn sie mir das was sie meinen nicht erklären wollen "da das normalerweise Jeder versteht", oder ich mich nicht blamieren will und daher dann doch nicht danach frage wie das gemeint war, ich somit in beiden Fällen bei dieser Art der Konversation nicht gefühlsbezogen "mitreden" kann.
Ein Desinteresse an diesen Menschen von meiner Seite also nur durch reines Unverständnis heraus entsteht.
Ich bin kein Misanthrop oder sowas, an sich liebe ich Menschen.

Insuffizienz hat geschrieben:Hast du es schon einmal trainiert?
- Mitschwingen, mitfühlen betreffend:

Ich trainiere jeden Tag, seit ich denken kann. Da ich jeden Tag rausbekommen muss, was Menschen wenn sie nicht ins Detail gehen (nicht ausformulieren was sie nonverbal sagen) mir gefühlsmäßig sagen wollen.

Insuffizienz hat geschrieben:oder dich dafür beraten lassen (z.B. von Therapeuten)?
Ich hatte dafür noch keinen Facharzt/in bzw Fachtherapeut/in die/der sich damit auskannte.
"Vergleiche dich niemals mit anderen. Vergleiche dich immer nur mit deinem früheren Ich". - R. M.

Sybillina

Re: Interesse zu Menschen durch Tatsachen-Wissen anstatt durch einen Glaubensansatz

Beitragvon Sybillina » 13. Dezember 2020, 23:58

ToWCypress81 hat geschrieben:Kommunikation im Sachbezogenen anstatt im Emotionalen, basiert auf Wissen. Auf etwas (nachgewiesenes Wissen) das ehrlich ist, auf das man sich verlassen kann.
Durch solch ein sachbezogenes, nachgewiesenes Wissen in einem Gespräch, habe ich auch das Gefühl das ich mit einer ehrlichen Person zu tun habe auf die ich mich verlassen kann.
Dadurch ziehe ich diese Personen und Gespräche vor und habe somit auch Interesse an diesen (sachbezogenen) Menschen.

Sachbezogen kann auch humorvoll sein.
Wenn ich von der Person dennoch ehrliches Wissen vermittelt bekomme, können auch angemerkte humorvolle Wörter oder Mimik ein schönes Gesamtbild der Person ergeben.

Sachbezogenes authentisches Wissen ist daher nicht gleich nur "rein trockener" Umgang und Kommunikation.

Wie gesagt habe ich nur mit Menschen die auf rein emotionaler Ebene Kommunizieren, der (reinen) Anerkennung und Emotionalität wegen Probleme.
Vielen Dank. Ich glaube, ich verstehe jetzt ungefähr, was Du meinst. [:)]

Mir geht es da ähnlich, gerade auch die Geschichte mit dem temporär Arbeitssuchenden, der lieber ein positives Beispiel möchte als unproduktives Mitleid, sprach mich sehr an. Ich habe vor einiger Zeit meine Stelle gekündigt (wegen fortgesetzter Überlastung), orientiere mich gerade neu - und sehe auch, dass ich lieber "nach oben" schaue, auf Leute, die zufrieden in ihrer Arbeit sind. Da interessiert mich, was genau macht sie zufrieden, was erwarten sie sich, was hat sich bei ihnen von selbst ergeben, wie sehen sie ihre Möglichkeiten, welche Möglichkeiten der Selbststeuerung haben und welche davon nutzen sie? Warum und wie tun sie das, was sie tun?

Es tut mir gut, zu diesen Punkten jetzt sämtliche Bekannten auszufragen, um eigene Perspektiven zu bekommen.
Ich könnte mir vorstellen, dass Du Ähnliches ebenfalls meinst mit "Faktenaustausch".
Mitgefühl empfände ich auch als übergriffig. Es soll doch bitte jeder bei sich bleiben! Bringen tut es auch nichts, denn wie Du schon sagtest, muss man zurechtkommen so oder so allein.

Es hilft aber oft, über Austausch mit geeigneten - und auch auf den ersten Blick nicht geeigneten! - Personen einfach mehr Infos zu kriegen, als man sie allein finden könnte. Manchmal bekommt man dadurch auch einen anderen, hilfreichen Blickwinkel aufgezeigt.

Jedoch denke ich, dass andere Menschen Gefühle nicht einfach ausblenden können, eigene und fremde. Sie sind darauf zur (Selbst-)Steuerung angewiesen. Diese sehr emotionale Ebene ist bei den meisten wohl nicht nur erlerntes (Sozial-)Verhalten, das sie dann anwenden, sondern es ist ein Teil von ihnen.

Ich selbst betrachte das Außenrum auch nur als Verpackung und mein erster Schritt in jeder Kommunikation ist immer, es rauszurechnen, damit ich das Wichtige klarer sehen kann. Bei anderen und auch bei mir selbst.
Ich bin aber auch auf der Warteliste für eine AS-Diagnostik, da die PS zwar vieles erklärt, aber mich trotzdem irgendwie nicht voll abdeckt. So wie Du es beschreibst, könntest Du vielleicht auch in diese Ecke fallen. Man hätte dann rein neurologisch die "Hardware" einfach nicht, weshalb emotional-soziale Interaktion auch nicht so zur zweiten Natur (oder sogar ersten) werden kann wie offenbar bei den meisten Menschen.

Die (gemeinsame) Begeisterung für ein (fachliches) Sachthema kenne ich auch gut. Da kann man sich allein oder gemeinsam an den Erkenntnissen freuen und darüber glücklich sein. Der Austausch mit jemand ähnlich Interessiertem tut sehr gut und dann gerate ich auch in Begeisterung/Schwingung. Das gemeinsame Thema und die Freude daran überbrückt die Distanz, die ich ansonsten brauche, um überhaupt funktionieren zu können. Hauptnutzen ist für mich aber an dem Austausch, dann ein Vier-Augen-Prinzip zu haben statt nur meiner zwei Augen.

Davon abgesehen lerne ich sehr gerne etwas von den Menschen, die etwas "emotionaler" sind als ich. Ich beobachte und werte es aus. Ist ein sehr vielfältiger Bereich, der sich zu erforschen lohnt, auch wenn man nie indigener Teil dieser Welt werden kann und wird.

Ich denke noch nach über die "Fakten", wie objektiv oder subjektiv diese sind. Ich meine ja eher subjektiv.
Am Beispiel Hunger, das hier genannt wurde: Ein Mensch in Mitteleuropa äußert, er habe Hunger.

- Das kann nun eine versteckte Bitte um Aufmerksamkeit sein, bei Kindern zum Beispiel. Diese merken oft, dass ihnen irgendwas fehlt und sagen "Ich hab Hunger!", obwohl vielleicht gar kein Nahrungsbedürfnis besteht, sondern sie wollen, dass ihnen jemand etwas Gutes tut und sie wahrnimmt.
Gilt für Erwachsene oft gleichermaßen.

- Es kann Langeweile oder Appetit sein oder der Wunsch nach Gesellschaft bei einem gemeinsamen Essen. "Hunger" steht dann auch als Chiffre für andere Bedürfnisse, die natürlich ebenso legitim sind.

- Die körpereigenen Sensoren (Glukosespiegel etc.) sagen der Person, dass Nahrung benötigt wird, und sie äußert sich entsprechend.

Ich würde sagen, "Fakt" ist die Äußerung nur im dritten Fall. In den beiden anderen aber nicht weniger bedeutsam. Ein Bedürfnis ist ja trotzdem da, auch wenn es nicht das benannte ist. Ob der Person das bewusst ist, ist noch eine ganz andere Frage (Manipulation oder Hilflosigkeit).

Damit wollte ich nur meinem noch unfertigen Gedanken Ausdruck geben, ob es "Fakten"/"Sachthemen" in der zwischenmenschlichen Kommunikation überhaupt geben kann.
In der Fachdiskussion zweier Kernphysiker oder eben der stillen Gemeinsamkeit der genannten Angler ist das natürlich was anderes und nicht vergleichbar.

Was wären dann aber für Dich "Glaubensansätze", vgl. Threadtitel? Denn andere Menschen "glauben" ja nicht, dass emotionale Kommunikation nötig sei, und führen sie nicht extra deshalb durch, sondern sie "brauchen" sie. Also eher Bedürfnis als Glaube?
Wie siehst Du das oder hast es gemeint? :kein Plan:

Noch Ergänzung:
"Ehrlich" und "auf eine Aussage verlassen können", nur weil sie explizit geäußert wird, ich weiß nicht. Wenn einer zu mir sagt "Ich habe Hunger", ist das vielleicht aus seiner Sicht auch direkt und ehrlich und für ihn subjektiv der momentane Sachverhalt.
Trotz dieser vermeintlichen Sachinfo ist es aber als Gegenüber dann trotzdem an mir, zu deuten, was er nun von mir will.
Er könnte sich ja auch einfach von mir verabschieden und sich beim nächsten Bäcker allein was zu essen kaufen. Indem er es mir mitteilt, will er ja offenbar also doch einen der ersten beiden oben genannten Punkte von mir.

Ähnlich wäre es mit scheinbar "ehrlichen" Aussagen wie "Ich fühle mich traurig und möchte, dass Du noch etwas dableibst." Das mag ehrlich sein, erfordert aber trotzdem, dass ich mir darüber Gedanken mache - und äußere! -, ob ich das will.
Es so offen ausgesprochen zu haben, sorgt also vielleicht für die Vermeidung von Missverständnissen, setzt aber andere direkt unter Druck. Und sorgt dann vielleicht eher für größere Verletzungen, wenn der Angesprochene gar nicht will, es aber dann auch ÄUSSERN muss, damit Klarheit besteht.

Zur Vermeidung solcher offensichtlichen Verletzungen hat sich ja eben phylogenetisch die "soziale" Kommunikation entwickelt. Der Fragende kann dann, wenn nicht wie erhofft reagiert wird, noch annehmen, dass er nur nicht verstanden wurde, muss es aber nicht als Ablehnung sehen.
Dann verletzt es ihn nicht gar so sehr.

Bei ständigem Ausformulieren könnten solche Grobheiten aber nicht mehr rausgenommen werden und es gäbe überall viel mehr (offene) Aggression.

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Re: Interesse zu Menschen durch Tatsachen-Wissen anstatt durch einen Glaubensansatz

Beitragvon ToWCypress81 » 15. Dezember 2020, 23:02

Sybillina hat geschrieben:Zur Vermeidung solcher offensichtlichen Verletzungen hat sich ja eben phylogenetisch die "soziale" Kommunikation entwickelt. Der Fragende kann dann, wenn nicht wie erhofft reagiert wird, noch annehmen, dass er nur nicht verstanden wurde, muss es aber nicht als Ablehnung sehen.
Dann verletzt es ihn nicht gar so sehr.

Bei ständigem Ausformulieren könnten solche Grobheiten aber nicht mehr rausgenommen werden und es gäbe überall viel mehr (offene) Aggression.

Das ist ein sehr wichtiger Punkt!

Tatsächlich ist es so, das dadurch, das ich immer ehrlich und klar ausformuliere was ich denke, fühlen sich z. B. manche Kollegen in der Arbeit wirklich sehr oft angegiffen, bzw rechnen nicht damit das ich so deutlich das sage was ich denke was das Problem beheben kann.
Dadurch kommen dann oft solche Situationen zustande, das diese Kollegen lauter werden, ihre Ansichten revidieren und sich permanent rechtfertigen.

Wahrscheinlich rechnen sie, wie du schon beschrieben hast, eher mit einer Art anerkennenden emotionalen Antwort, oder emotionalen kurzen Ausruf, anstatt mit einer sachgenauen Aufschlüsselung und Lösung der Dinge.

Da ich diese Problematik auf andere entsprechend anstrengend und provozierend zu wirken auch mitbekomme, aus meiner Art die Dinge immer vom Logischen anstatt aus dem Emotionalen heraus zu begreifen und zu behandlen und somit Menschen u. a. auch immer falsch einschätze - bin ich in vielen Situationen dadurch oft unsicher ob, was und wie ich etwas sagen soll.
Entweder fange ich dadurch an sehr stockend zu reden, höre auf zu reden oder entscheide mich aufgrund der Reaktion des Gegenübers, im sachlichen Kontext um. Da ich dadurch immer denke, das ich scheinbar komplett falsch liege in dem was ich gerade denke.

Dieses unsichere Verhalten ist für viele die mit mir zu tun haben oft genauso störend wie diese ausschweifenden Sachthemen-Aufschlüsselungen. Sodass sie insbesondere auch wegen dieser Unsicherheit oft nicht mit mir klar kommen.

Aufgrund dieses unsicheren Verhaltens man mich oberflächlich gesehen auch leicht in die "selbstunsicher-vermeidende-Persönlichkeitsstörungs-Diagnose" stecken kann/könnte.

Mein Verhalten, warum ich so reagiere aber wie gesagt rein aufgrund meines emotionalen Unverständnisses heraus entsteht.

Sybillina hat geschrieben:Was wären dann aber für Dich "Glaubensansätze", vgl. Threadtitel?

Mit einem "Glaubensansatz" meinte ich rein moralische und ethische Ansichten, die man, weil man von einem Sachthema kaum Wissen hat, anwendet, um dennoch mitreden zu können.
Zum Beispiel Thema Religion: in dem ich vielleicht nicht die komplette Bibel oder Koran gelesen habe, aber dennoch von einem ethischen und moralischen Standpunkt eine Meinung zu dem Buch habe.

Moralische und Ethische Standpunkte aber meistens eher persönliche Empfindungen sind, die jeder aufgrund seines Charakters anders auslegt, und somit mehr Glauben als Wissen darstellen.

"Glauben" wiederum ein rein Emotionaler Vorgang ist, da dieser aus einer persönlichen Empfindung heraus entsteht.

Aufgrunddessen ich oft an mir selbst gemerkt habe, das wenn ich in einer Konversation aufgrund von Wissensmangel ethische und moralische Thesen vorbrachte, ich damit oft sehr unsicher wurde und vor allem immer das Gefühl hatte/habe emotionale Fehler zu machen.
Fehler, da ich mir bei Emotionen (welche die Glaubensansätze beinhalten) nie sicher bin, ob ich diese so wie ich sie mir denke nicht auch komplett anders sein könnten bzw man sie komplett anders denken muss.

Mein Problem mit diesen ethischen und moralischen Ansätzen also in ihrer Emotionalen Natur liegen, bei denen (in Emotionen/Gefühlen) ich so große Verständnis-Schwierigkeiten habe.

Sybillina hat geschrieben:Personen einfach mehr Infos zu kriegen, als man sie allein finden könnte. Manchmal bekommt man dadurch auch einen anderen, hilfreichen Blickwinkel aufgezeigt.(...)
Hauptnutzen ist für mich aber an dem Austausch, dann ein Vier-Augen-Prinzip zu haben statt nur meiner zwei Augen.

Kann ich nur bejahen (Ja sagen), sehe ich genauso. 4 Augen wissen und sehen immer mehr als 2 Augen.

Sybillina hat geschrieben:Davon abgesehen lerne ich sehr gerne etwas von den Menschen, die etwas "emotionaler" sind als ich. Ich beobachte und werte es aus. Ist ein sehr vielfältiger Bereich, der sich zu erforschen lohnt, auch wenn man nie indigener Teil dieser Welt werden kann und wird.

Auch das kann ich nur bejahen.
Ich finde es äußerst interessant diese Menschen zu beobachten.
Auch wenn ich in der Interaktion mit ihnen Probleme habe, mag ich diese Menschen. Ich liebe alle Menschen.
"Vergleiche dich niemals mit anderen. Vergleiche dich immer nur mit deinem früheren Ich". - R. M.

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Re: Interesse zu Menschen durch Tatsachen-Wissen anstatt durch einen Glaubensansatz

Beitragvon Insuffizienz » 20. Dezember 2020, 14:14

ToWCypress81 hat geschrieben:Zu Informationen für den anderen, werden Gefühle und Hunger nur, wenn man diese ausformuliert. Sodass jeder weiß, was, wann und welches dieser Bedürfnisse man hat. Durch das "Ausformulieren" des Bedürfnisses wird daher das Bedürfnis Sach-bezogen, zu einem Fakt, zu einer Gewissheit (Wissen) das man das braucht.

Ich denke, jetzt habe ich so langsam deine Position verstanden.

ToWCypress81 hat geschrieben:- Mitschwingen, mitfühlen betreffend:

Es geht nicht darum das ich etwas nicht will.


Naja, zum Mitgefühl z.B. hast du geschrieben: „Mich stößt so ein Mitgefühl immer eher ab - will mich dann immer von diesem Gespräch/Person entfernen die das tut. […] Ich empfinde so ein Mitfühlen, Mitschwingen oder Mitleid in den meisten Fällen als sehr übergriffig, da ich nicht weiß was mir das bringen soll.“

Andererseits sagst du auch: „Ich trainiere jeden Tag, seit ich denken kann. Da ich jeden Tag rausbekommen muss, was Menschen wenn sie nicht ins Detail gehen (nicht ausformulieren was sie nonverbal sagen) mir gefühlsmäßig sagen wollen.“

Soweit ich dich verstanden habe, würdest du gerne Gefühle „nonverbal“ kommunizieren und verstehen können wie NTs – das würde die Kommunikation für dich vereinfachen, vor allem weil NTs nun einmal oft so miteinander umgehen. Andererseits empfindest du persönlichen Gefühlsaustausch, sozusagen das emotionale Eingehen auf den anderen (z.B. in Form von Mitgefühl), als „abstoßend“ und „übergriffig“. Das empfindet man ja nicht so, nur weil man es nicht versteht – man könnte es dann ja z.B. bloß als störend registrieren -, du möchtest diesen emotionalen Austausch (ungleich: bloß sachliche Ausformulierung der Gefühle) also auch nicht (auch wenn du es gleichzeitig sowieso nicht nachvollziehen kannst).

Jedenfalls ist es das, was ich so bisher verstanden habe von deinen Beschreibungen.

Es ist die Frage, was dir das Lesen und Mitteilen von Gefühlen bringen würde. Wahrscheinlich kannst du dann besser darauf eingehen/reagieren, gerade wenn sozusagen die wirkliche Botschaft im Subtext mitgeteilt wird. Andererseits willst (von mir aus auch: kannst) du nicht so recht selbst emotional auf den anderen eingehen (was ja auch NTs nicht immer tun).
Was ich mich frage ist, wie groß wäre der Nutzen für dich, diese emotionale Kommunikation zu beherrschen, worin bestünde der Nutzen?

Ich will wiederholt betonen, dass ich das alles ohne Bewertung schreibe. Ich habe das Gefühl, manches könnte als Abwertung aufgefasst werden, deshalb wollte ich nur mitteilen, dass ich rein sachliche Feststellungen mache bzw. Klarstellungen aus vorurteilsfreiem Interesse erfrage.

Mir fällt dazu (als vorläufige Hypothese) noch ein, wenn ich so an Persönlichkeitsstörungen denke: Autisten müssten starke Probleme gerade mit (verdeckten) Borderlinern oder Narzissten (oder Histrionikern) bekommen, da diese ja viel häufiger indirekte, nonverbale Botschaften aussenden und sich auf die emotionale Ebene fokussieren.
Umgekehrt müsste es auch besondere Schwierigkeiten zwischen Autisten und (generalisierten) Sozialphobikern/Ängstlich-Vermeidenden geben, da letztere sich gerade nicht trauen ihre Bedürfnisse offen anzusprechen und auf ein gutes Gespür des Gegenübers für subtile Signale hoffen (zumindest ist es als Betroffener bei mir so).

Gruß

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Re: Interesse zu Menschen durch Tatsachen-Wissen anstatt durch einen Glaubensansatz

Beitragvon ToWCypress81 » 28. Dezember 2020, 13:23

Insuffizienz hat geschrieben:Andererseits empfindest du persönlichen Gefühlsaustausch, sozusagen das emotionale Eingehen auf den anderen (z.B. in Form von Mitgefühl), als „abstoßend“ und „übergriffig“. Das empfindet man ja nicht so, nur weil man es nicht versteht – man könnte es dann ja z.B. bloß als störend registrieren -, du möchtest diesen emotionalen Austausch (ungleich: bloß sachliche Ausformulierung der Gefühle) also auch nicht (auch wenn du es gleichzeitig sowieso nicht nachvollziehen kannst).

An allererster Stelle stehen erstmal "Reize". "Reize" die ich nicht vertrage, da ich ein äußerst Reiz-empfindlicher Mensch bin.
Das macht sich dadurch bemerkbar, das mich schnell wandelbare, starke und nicht eindeutige Mimik, Gestik sowie Ausrufe/Töne, sehr stark irritieren. Ich diese durch ihre Stärke, Wechselhaftigkeit und Uneindeutigkeit immer als sehr verwirrend, unverständlich und dadurch auch als anstrengend empfinde.

Dieses als "anstrengend" und "verwirrend" empfinden, ist je nachdem wieviel Leute sich in meiner Gegenwart entsprechend verhalten stärker, oder bei bspw nur 1ner Person weniger - da ich (bei 1ner Person) die Ruhe habe das besser einordnen zu können ohne von meiner Umwelt zusätzlich abgelenkt zu werden.

Durch etwas "verwirrt" sein und als "anstrengend" empfinden, "stößt" einen/mich aus meiner normalen introvertierten Empfindungswelt "heraus". Man kann somit auch sagen, das mich so etwas in diesem Sinne "ab-stößt". Da das "ab" sich ja immer im Kontext mit dem "eigenen Selbst/Ich" befindet.

Von "abstoßendem" Mitgefühl und ähnlichen Gefühlen mit dieser subtilen, nicht sachlichen, sondern emotionalen Negativ-Besetzung habe ich nie gesprochen/beschrieben.

Etwas als "übergriffig" empfinden, funktioniert mit diesen nicht verarbeitbaren Reizen genauso, wie mit dem Beispiel "ab-stoßend". Auch dort verwirrt mich etwas so stark bzw empfinde ich als so anstrengend, da die Reize zu stark für mich sind. Ich somit diese starken Reize im Sinne eines Verhaltens das man an mich heranträgt, ich nicht vertrage und in erster Linie nicht nach ihnen verlangt habe - somit als "übergriffig" auf mein introvertiertes Empfinden wirken/wirkt.

Ein "Unverständnis" meinerseits, das Zeitgleich eine "Verwirrung" und "Anstrengung" bei mir auslöst, daher in erster Linie durch meine starke Reizüberempfindlichkeit bzw Reiz-Schwäche zustande kommt.

Insuffizienz hat geschrieben:Umgekehrt müsste es auch besondere Schwierigkeiten zwischen Autisten und (generalisierten) Sozialphobikern/Ängstlich-Vermeidenden geben, da letztere sich gerade nicht trauen ihre Bedürfnisse offen anzusprechen und auf ein gutes Gespür des Gegenübers für subtile Signale hoffen (zumindest ist es als Betroffener bei mir so).

Aufgrund der Mimik und Tonfall der Menschen, was direkten (nicht subtilen) Ausdruck: wie Angst, Leid, Schmerz und Wut betrifft - kann ich auch einschätzen. Sodass wenn ich merke, das das Thema entsprechend Angst-, Leid, Wut- und schmerzvolle Emotionen auslöst, ich nicht weiter ausführlich über dieses Thema rede. Sondern die Position im Thema bewusst wechsle oder mich für gerade Gesagtes entschuldige.
"Vergleiche dich niemals mit anderen. Vergleiche dich immer nur mit deinem früheren Ich". - R. M.

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Re: Interesse zu Menschen durch Tatsachen-Wissen anstatt durch einen Glaubensansatz

Beitragvon Wild Mustang » 21. Januar 2021, 10:48

Ich denke, worum hier geht, ist ein Ansatz aus der Achtsamkeits-Theorie.

Der lautet: "Werte nicht, ob gerecht oder ungerecht, sondern mach es so, dass es funktioniert."

Außerdem kann so gut wie kein Mensch diesen ständigen (ethischen, moralischen) Wertungen und Urteilen gerecht werden, er zerbricht eher daran.

Letztlich wird ein Mensch, der ständig wertet, auch eine Art "Bias" entwickeln, also nur noch aus Vorurteilen bestehen, die halt dann von der Realität nur noch bestätigt werden müssen. Bleibt diese Bestätigung mal aus, dann wird man misstrauisch und verunsichert. Man glaubt dann, dass man auf den Arm genommen oder hintergangen wird.

Ist natürlich nur eine allgemeine These. Nicht mehr.

Gruß

Mustang
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