Was wenn eine PS genauso wie AS nur genetisch-individuelle Reizverarbeitungsarten sind?

Ein Leben in (völliger) Isolation? Du bist sehr introvertiert, ängstlich-vermeidend oder gar schizoid? Wie gehst du damit um?
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ToWCypress81
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Was wenn eine PS genauso wie AS nur genetisch-individuelle Reizverarbeitungsarten sind?

Beitragvon ToWCypress81 » 12. September 2020, 02:53

Wie kann es sein, das Menschen die traumatische Erlebnisse oder Fehlerziehungen als Kind hatten dennoch keine PS haben bzw resilient gegen gewisse Einflüsse sind.

Wissenschaftlich gesehen, sind die meisten Menschen "Löwenzahnkinder", also "robuste" Menschen in ihrer Art der Wahrnehmung.

Eine geringe Anzahl der Menschen sind daher "Orchideenkinder", also Menschen die mit Reizen nicht so gut umgehen können.

Was wenn Menschen die mit Reizen nicht so gut umgehen können daher im Endeffekt doch ein rein "genetisches" Problem haben, und gar kein "psychologisches"?

Was, wenn nicht die Fehlerziehung oder Traumata dieser Menschen sie zu unterschiedlichen individuellen angeblich gestörten Verhaltensweisen (Persönlichkeitsstörungen) führt, sondern die individuelle Sinneswahrnehmungs-Genetik, diese Menschen in ihrem individuellen Umgang mit Reizen leitet bzw sie dadurch entsprechend verhalten lässt?

Ich höre oft, das Asperger-Autisten bei denen es so eine unglaubliche Bandbreite der schwere in ihrem Erleben und Verhalten gibt, Therapeuten als so unwissend empfinden. Das psychiatrisch begrenzte unflexible Verständnis dieser Studierten und Doktoren von vielen noch als "wie in der Steinzeit" bzw "in Kinderschuhen" empfinden.

Was wenn Autisten und "Persönlichkeitsgestörte" welche beide individuelle Sinneswahrnehmungsreize nicht gut verarbeiten können, alle "nur" leichte bis schwere individuelle Reizverarbeiter sind?
Daher an sich, durch den selben Ausgangspunkt das selbe individuell verarbeitende "Ansinnen" im Sinne eines dahingehenden Schutzmechanismus haben.
Deswegen in Therapien sich auch aus sogenannten "Persönlichkeitsgestörten" auch nie wirklich "umkrempelbare" bzw normal-"tickende" Menschen machen lässt.

Wenn ich von mir spreche, dann habe ich eigentlich immer nur Probleme, wenn ich zu vielen individuellen Sinneswahrnehmungsreizen ohne Rückzugsmöglichkeit ausgesetzt bin.
Meine individuelle Art des Umganges darauf ist immer, das ich mich daraufhin stark von aussen sehe, stark emotionsstarr werde, Rückzug suche und Ängste entstehen welchen Eindruck ich auf andere mache, durch Dinge die meine Sinne reizen.

Also/daher jedes introvertierte "Orchideenkind" eine andere genetisch bedingte individuelle Verarbeitungsart hat mit seinen individuellen Sinneswahrnehmungsreizen umzugehen: gefühlskalt, starr, aggressiv, ängstlich, vermeidend, zwanghaft, paranoid, schamerfüllt, interessenlos, egomanisch, panisch, totaler innerlicher Rückzug, Spezialinteressen, gestörte Motorik, monotone und stockende Sprechweise usw. all dies natürlich, da individuell, in der Zusammensetzung oft auch gemischt/vermischt als "rein"/"pur" in diesen Reizverarbeitungsarten.
"Vergleiche dich niemals mit anderen. Vergleiche dich immer nur mit deinem früheren Ich". - R. M.

Sybillina

Re: Was wenn eine PS genauso wie AS nur genetisch-individuelle Reizverarbeitungsarten sind?

Beitragvon Sybillina » 12. September 2020, 07:20

Darüber habe ich auch schon öfter nachgedacht. Danke für die so ausführliche Darlegung!
Verstärkt hatte sich der Gedanke bei mir, seit ich mit einer Aspergerin zusammengearbeitet habe.

Allerdings glaube ich, dass bei PS doch zusätzlich noch die erhöhte Verletzbarkeit und damit ein Schutz suchen vor inneren Verletzungen dazukommt. Ein Autist z. B. hat vermutlich auch mit Scham keine so großen Probleme, es wird ihm nur einfach zu viel und er muss aus der Situation, um seine Systeme wieder zu normalisieren.

Also wenn eine angeborene geringere Reizverarbeitungstoleranz beidem (AS wie SP) zugrunde liegt, was ich mir vorstellen könnte. Dann müssten aber bei SP noch weitere beeinflussende Faktoren später dazugekommen sein, durch die man das Innere so stark schützen muss.
(Da erscheinen mir die Ansätze der Objektbeziehungstheorie sehr hilfreich. Die "Störung" wäre dann definitiv erworben.)

austerl
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Re: Was wenn eine PS genauso wie AS nur genetisch-individuelle Reizverarbeitungsarten sind?

Beitragvon austerl » 12. September 2020, 13:04

Was, wenn eine PS völlig genetisch bestimmt wäre? Ich glaube das nicht, bin ganz der Meinung von @Sybillina. Aber wenn es doch so wäre – ich bin übrzeugt, dass eine Therapie dennoch etwas ändern könnte.

Aus einer Gruppentherapie habe ich z.B. vielleicht nur einen Gewinn gezogen: mich nicht mehr, wie zuvor immer wieder, als Alien zu fühlen. Ich stelle mir vor, dass selbst dann, wenn ich rein aus Anlage heraus andere nie seelisch-intim so kennengelernt hätte, dass mir eine tiefe Gemeinsamkeit auffallen konnte, ich das in der Therapie genauso hätte erfahren können, und ebenso eine anhaltende Beruhigung in dieser Hinsicht mitgenommen haben könnte. Ich bin auch sehr skeptisch und ratlos, glaube kaum, dass man mit einer SPS umgekrempelt werden kann. An eine gewisse Plastizität glaube ich aber doch – unabhängig von der Frage, in welchem Ausmaß die PS (bzw. die Bedingung dafür) angelegt ist.

Sybillina

Re: Was wenn eine PS genauso wie AS nur genetisch-individuelle Reizverarbeitungsarten sind?

Beitragvon Sybillina » 12. September 2020, 13:36

@ austerl:
Ja, eine Therapie kann auch meiner Erfahrung nach etwas bewirken bzgl. Plastizität - was bei vollständiger genetischer Ätiologie ja nicht der Fall wäre.

Hihi, "umkrempeln" möchte ich mich auch keinesfalls (lassen), ich mag mich, wie ich bin bzw. geworden bin. Komplett umkrempeln würde ja mein Leben annullieren, auch in den Faktoren, die zur PS geführt haben.
Die Schwierigkeiten im Berufsleben sind dadurch immer wieder dieselben, aber na ja - andere tun sich aus anderen Gründen schwer.
Die Ziele der Anderen waren auch nie meine, also ist der Unterschied für mich okay.

"Gemeinsamkeit" in der Therapie, wie Du sie benennst, fand ich beim Lesen erstmal beängstigend. Die fiele mir wohl schwer.
In meiner eigenen (analytischen) Therapie konnte ich aber lernen, dass zwei Menschen sich nicht automatisch was tun müssen. Das liegt seitdem auch wie eine dicke Schicht unter allem und hilft mir, sicherer mit Menschen umzugehen.
Ist vielleicht vergleichbar mit Deiner Erfahrung, wenn ich mir Deine Formulierung so ansehe.

Ob genetisch oder erworben, es bleibt eine Behinderung im Sinne, dass man gehindert wird, ein "normales" Leben zu führen. Das bedeutet in gesellschaftlicher Sicht, ein Leben wie Andere es führen.
So weit ich aber zurückblicke, hatte ich diesen Wunsch gar nie (Ehe, Kinder, Sesshaftigkeit, ...).
Von daher passt dann doch innerhalb der schwierigen Persönlichkeit wieder alles zusammen.
Nur das Außen macht Probleme, und da auf jeden Fall treffen sich AS und PS/SP wieder.

Also ist es letztlich fast egal, ob genetisch oder erworben?

Mir hilft auch immer der Blick auf von Geburt an sichtbar körperlich behinderte, aber kognitiv fitte Menschen und wie sie damit umgehen.
Meins sieht man nicht auf den ersten Blick. Aber so viel Unterschied ist da sonst nicht.

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Re: Was wenn eine PS genauso wie AS nur genetisch-individuelle Reizverarbeitungsarten sind?

Beitragvon ToWCypress81 » 13. September 2020, 00:59

Sybillina hat geschrieben:Allerdings glaube ich, dass bei PS doch zusätzlich noch die erhöhte Verletzbarkeit und damit ein Schutz suchen vor inneren Verletzungen dazukommt.

Als ich von "leichten" und "schweren" Reizverarbeitern gesprochen habe, hatte ich da AS (Autisten) als schwere Reizverarbeiter gemeint. Welche Sinneswahrnehmungen in der Verarbeitung gar nicht mehr in so etwas wie "verletzend" aufteilen können, da die Reizverarbeitung so groß bzw schwer ist, das sie Verletzungen in diesen Reizen gar nicht mehr entsprechend verstehen können. Sie so perplex von den Reizen sind, das sie das was sie umgibt oft nur als eine Art unverständliche Schemenform wahrnehmen die sie stören, ohne dabei womöglich den "verletzenden" Inhalt "richtig" deuten bzw wahrnehmen zu können.

Bei Persönlichkeitsgestörten die genetische Reizverarbeitung "leichter" ist bzw die Reize etwas weniger stark auf sie einprasseln. Sie dadurch zu den Reizen die sie stören auch noch die Hintergründe dieser Reize sehen, und somit als verletzend wahrnehmen.
Dadurch sind diese "leichten" Reizverarbeiter auch anfälliger für stärkere Schutzmechanismen, die sie vor diesen Verletzungen schützen sollen. Im Sinne von Gefühlskälte, aggressiven Verhalten, Vermeidung, Egomanie, zwanghaften Verhalten usw.
Traumata und schlechte Erziehungsmethoden sie in ihrem Verstehen und Mitbekommen der Hintergründe dieser Reize somit natürlich nachhaltig in ihrer Stärke und Wahl ihrer Schutzmechanismen beeinflusst.
Dennoch zu diesem Schutzverhalten eine genetisch bedingte Reiz-Schwäche vorweg geht, um überhaupt solche Instinktiven eigenen Schutzbedürfnisse aufzubauen.

Von daher ist die genetisch angeborene Stärke der Reizverarbeitung ausschlaggebend dafür, ob sich ein Mensch durch charakterlich individuelle Schutzmechanismen vor Verletzungen schützt, wie es Persönlichkeitsgestörte tun. Oder jemand sich von Reizen so stark bombadiert fühlt, das dieser Verletzungen und auch allgemeine Verhaltensweisen hinter solchen Reizen gar nicht mehr entsprechend einordnen kann, wie es bei Autisten der Fall ist. Deren Spiegelneuronen, Mitgefühl und ein allgemeines soziales (mimisch, gestisches, verbales, körperliches) Verhaltensverständnis durch diese Reizüberfüllung oft nicht mehr funktional stattfinden kann.

Aus dieser genetischen Reiz-Schwäche heraus empfinde ich die Grenzen einer Persönlichkeitsstörung zum Autismus hin, wie dem Asperger Syndrom (AS), mittlerweile als fließend. Und nicht mehr als absolut trennbar.
So denke ich auch, das da mittlerweile viel weitgestecktere Diagnosen und psychiatrische Überdenkungsweisen in diesem Sinne entstehen sollten. Da sonst zu viele entsprechende Menschen falsch oder unzureichend diagnostiziert werden. Somit durch eine unzureichende oder falsche Diagnose auch eine Therapie immer wieder auf Dauer ins Leere verläuft.

Sybillina hat geschrieben:@ austerl:
Ja, eine Therapie kann auch meiner Erfahrung nach etwas bewirken bzgl. Plastizität - was bei vollständiger genetischer Ätiologie ja nicht der Fall wäre.

Auch viele Asperger Autisten gehen wegen sozialen Phobien, Depressionen und Störungen in Therapien. Um auch da durch die Reflexion mit dem Therapeuten Plastizität herzustellen, im Sinne der Realitätsabfrage, Rückmeldungen und Vergleiche usw. Das ist nicht anders wie bei Persönlichkeitsgestörten Menschen.
Die genetische Reiz-Schwäche bzw Reiz-Anfälligkeit bleibt dennoch bei beiden auch nach der Therapie.
"Vergleiche dich niemals mit anderen. Vergleiche dich immer nur mit deinem früheren Ich". - R. M.

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Re: Was wenn eine PS genauso wie AS nur genetisch-individuelle Reizverarbeitungsarten sind?

Beitragvon tiffi » 13. September 2020, 07:11

ToWCypress81 hat geschrieben:Als ich von "leichten" und "schweren" Reizverarbeitern gesprochen habe, hatte ich da AS (Autisten) als schwere Reizverarbeiter gemeint. Welche Sinneswahrnehmungen in der Verarbeitung gar nicht mehr in so etwas wie "verletzend" aufteilen können, da die Reizverarbeitung so groß bzw schwer ist, das sie Verletzungen in diesen Reizen gar nicht mehr entsprechend verstehen können. Sie so perplex von den Reizen sind, das sie das was sie umgibt oft nur als eine Art unverständliche Schemenform wahrnehmen die sie stören, ohne dabei womöglich den "verletzenden" Inhalt "richtig" deuten bzw wahrnehmen zu können.

Bei Persönlichkeitsgestörten die genetische Reizverarbeitung "leichter" ist bzw die Reize etwas weniger stark auf sie einprasseln. Sie dadurch zu den Reizen die sie stören auch noch die Hintergründe dieser Reize sehen, und somit als verletzend wahrnehmen.
Das ist interessant, an diese Unterscheidung dachte ich noch gar nicht.
Ob die Reize einen nur komplett überfluten und man noch kein Verständnis entwickelt( schwer)
oder ob man auch noch eine Menge Hintergründe aufnehmen kann (leicht).

Bzw. bei den "leichten Verarbeiten" könnten dann ja auch paranoide Tendenzen
mit aufkommen, es werden ZUVIELE Möglichkeiten gesehen, wie etwas gemeint
ist und es können dann die Angst weckenden auch eher fokussiert werden?
ToWCypress81 hat geschrieben:Die genetische Reiz-Schwäche bzw Reiz-Anfälligkeit bleibt dennoch bei beiden auch nach der Therapie.
Ja, das denke ich auch.
Da geht es in der Therapie vermutlich um Erkennen des Ablaufs und sich gute Mechanismen
zulegen.Dinge einordnen lernen und Umgang lernen, der einen selbst nicht ganz raushaut
oder auch anderen gegenüber (bei Aggression, Egomanie ect) Scherben schlägt.

______________
Ich frage mich ja manchmal, warum meine Schwester z B anders mit der Situation
in der Familie (Alkohol + Komplettrückzug Vater / Alkohol + aggressiver Wahn Mutter)
umging.

Warum bei ihr z. B nicht ihre Identität, ihre persönliche Sicherheit und Handlungsfähigkeit
im Leben (zumindest scheinbar) so stark beeinträchtigt wurde und ihre Persönlichkeit in meinen
Augen "gesammelter" blieb, dass sie wusste wer sie ist und was sie wert ist und ihr Leben
und ihr Umfeld fest gestaltete und sehr gesellschaftlich integriert ist und eher so
die starke frohgemute Frau ist.

Ich frage mich, ob neben der Reizverarbeitung auch noch eine Art - Bewertung (?)
eine Rolle spielt. Wie bewerte ich eine Situation, wie bewerte ich, welche Relevanz
das für mich und mein Leben hat, wenn etwas geschieht.
Wie bewerte ich, ob jemand wichtig ist oder unwichtig und gar keinen Einfluss hat?

Wie kommt die Neigung dazu, Dinge persönlich zu nehmen und als so mächtig zu empfinden,
dass da massive Steine im Weg legen, die einen zur Entmutigung führen oder gar einem
Gefühl von Vernichtung?

Wie bekomme ich eine Integration hin? (Im Sinne von Ich-Stärke) statt eines dumpfen
Überflutet Seins und eines Selbstverlustes, wo die klaren Linien fehlen von wer bin ich
und Grenzen und wohin wende ich mich, was verfolge ich?

Bei meiner Schwester hatte ich den Eindruck, sie nimmt die Dinge als Seitenwind und ich eher
als vernichtenden Frontalwind.

Die Wahrnehmung und Bewertung müsste doch noch irgendein anderer Faktor sein
neben den genetischen Anlagen?
Als ginge es da um Hardware und Software.

Sybillina

Re: Was wenn eine PS genauso wie AS nur genetisch-individuelle Reizverarbeitungsarten sind?

Beitragvon Sybillina » 13. September 2020, 11:39

@ ToWCypress:
Ich wollte auch nicht Deine Ausführungen angreifen und verstehe, denke ich, den Gedanken - eine realitätsgerechtere Bewertung und damit letztlich auch adäquatere Therapiemöglichkeiten schaffen. Offenbar hast Du alles auch sehr fundiert und umfassend beleuchtet und bedacht.

Nur kommt es mir vor, als ob dann einfach das Gewicht verschoben würde. Man wäre bei genetischer Disposition zu schlechterer Reizverarbeitung zwar weniger "selbst schuld" an der eigenen PS. Aber bereits nach jetzigem Forschungsstand werden ja bei der Entstehung jeder PS sowohl genetische (höhere Vulnerabilität/Sensibilität) als auch umweltbedingte (Eltern etc.) Faktoren angenommen.
Diese kleine Verschiebung/Entlastung? wäre also nichts Neues.

Als Hintergrund noch - ich habe mich nach Jahren des Überlegens vor einiger Zeit für eine AS-Diagnostik angemeldet.
Vor dem Hintergrund Deiner Überlegungen frage ich mich nun verstärkt, was mir denn ein zusätzlicher Stempel bringen oder was er ändern könnte.

Ich habe mich angemeldet, um Klarheit zu haben, ob nun Ausschluss oder Bestätigung. Um es abhaken zu können?
Andere Perspektiven erwarte ich mir eigentlich nicht.
Das nur dazu, warum ich so auf Dein Thema angesprungen bin.

Würdest Du Dich denn "besser" oder mehr gerechtfertigt fühlen mit AS statt "nur" PS? Weil dann klar wäre, dass die Störung/Abweichung nicht an einem selbst liegt? Inwiefern würde das Leben dann leichter?
Das so als Fragen, um die ich noch kreise.

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Re: Was wenn eine PS genauso wie AS nur genetisch-individuelle Reizverarbeitungsarten sind?

Beitragvon ToWCypress81 » 13. September 2020, 23:45

Sybillina hat geschrieben:Würdest Du Dich denn "besser" oder mehr gerechtfertigt fühlen mit AS statt "nur" PS? Weil dann klar wäre, dass die Störung/Abweichung nicht an einem selbst liegt? Inwiefern würde das Leben dann leichter?
Das so als Fragen, um die ich noch kreise.

Das Leben wäre bei einer allumfassenden Diagnose-Gebung mit Fokus auf die eigene Reiz-Schwäche und Verständnis dahingehend leichter, da sich dadurch der Fokus im Sinne eines Arbeiten an der Reizverarbeitung und damit auch zur Entspannung der Schutzmechanismen hin, verschiebt.
Der Fokus liegt nicht mehr auf einer Störung bzw auf den Hintergründen die einem zu den eigenen Schutzmechanismen führt/zwingt (die als entsprechende Störung diagnostiziert werden), sondern liegt auf dem Wissen um die Reiz-Schwäche, die einem gerade so reagieren lässt.

Diese Fokus-Verschiebung bzw Wissen hin zu der Reiz-Schwäche kann einen in sozialen Akutsituationen meiner Meinung nach runterfahren bzw entspannen, da der Fokus nicht mehr auf den Hintergründen liegt, die bei einem Ängste auslösen, welche wiederum die Schutzmechanik/Störung auslöst.
Genauso wie es einem in der Therapie durch dieses Wissen einem am Arbeiten für Reiz-Entspannung hindern könnte, sich nicht mehr so stark auf seine Ängste bzw Schutzmechanismen zu fokussieren bzw diese in den Mittelpunkt zu stellen. Und stattdessen durch die Fokussierung auf den Auslöser, also der Reiz-Schwäche hin, durch das dahingehende geistige ruhiger werden, die Schutzmechanismen (Störung) auch nicht mehr so stark Angst-hervorrufend im Vordergrund sind bzw dadurch vermindert werden.

Heißt: durch das Fokussieren auf die Reiz-Schwäche ein Arbeiten an der Selbst-Entspannung und somit auch Minderung des Schutzmechanismus (Störung) entsteht.

tiffi hat geschrieben:Ich frage mich, ob neben der Reizverarbeitung auch noch eine Art - Bewertung (?)
eine Rolle spielt.(...)
Wie kommt die Neigung dazu, Dinge persönlich zu nehmen und als so mächtig zu empfinden,(...)

Wie stark man bewertet und etwas persönlich nimmt wird auch zuallererst durch die eigene starke Reiz-Verarbeitung beeinflusst. An zweiter Stelle kommen die negativen Erfahrungen und falschen Erziehungsmethoden die einem zu einer Schutz-Reaktion führen.

Auch dort ist wieder erst der Auslöser (die Reiz-Schwäche) das, was einem zu dem Schutzmechanismus hinführt. Diesen man lernen kann zu akzeptieren, runterzufahren und somit bewusst zu entspannen, um damit erst gar nicht den Schutzmechanismen, also somit den eigenen Ängsten - so einen starken Vorrang zu geben.
"Vergleiche dich niemals mit anderen. Vergleiche dich immer nur mit deinem früheren Ich". - R. M.

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Re: Was wenn eine PS genauso wie AS nur genetisch-individuelle Reizverarbeitungsarten sind?

Beitragvon #Asperger » 14. September 2020, 04:53

Hallo,
ich bin sehr wahrscheinlich AS-Betroffener und wollte auch mal meine Dicht der Dinge anmerken.

Ich stimme den Vorschreibern insoweit zu, als dass es unterschiedliche Faktoren gibt, der genetische ist einer davon, und, ja, es kann gut sein, dass er der bedeutendste Faktor ist. Wobei es auch hier auf die Ausprägung ankommt. Wenn man nur eine leichte Form von S/AS/whatever hat, kann man es noch eher ausgleichen.

Aber wenn man wie ich erstens mal vermutlich eine durchaus starke Ausprägung von AS hat (wofür z.B. die motorischen Einschränkungen sprechen), dann noch aus einem nicht gerade vorteilhaften und nicht besonders fördernden Umfeld kommt, und dann noch, oder gerade weil eben diese beiden Faktoren schon mal zusammenkommen, einfach ständig negative Erfahrungen mit Menschen und auch ohne dies schon einen hohen Leidensdruck hat, dann sieht es wirklich düster aus.

Und ich würde generell sagen, man bekommt lieber eine Diagnose zu viel als eine zu wenig, denn je mehr Diagnosen man hat, desto eher kommt vielleicht noch an Hilfe in Form von Therapie, SBA, EM-Rente etc. ...

Aber ich muss betonen, dass auch ich als Autist durchaus verletzt werden kann. Es gibt aber hierbei ein Problem mit Missverständnissen und Fehlinterpretationen auf beiden Seiten. Oft war es wohl so, dass ich nur einen Teil von Äußerungen oder Verhaltensweisen mir gegenüber, die eine verletzende Intention hatten, als solche begriffen habe, oft konnte ich sie nicht einordnen und wusste mir darauf keinen Reim zu machen. Konnte allenfalls Vermutungen darüber anstellen. Konnte also auch die Vermutung haben, dass etwas verletzend gemeint war, aber sicher konnte ich mir nicht sein.

Wenn ich so darüber nachdenke, habe ich heute noch zahlreiche Begebenheiten, v.a. aus der Schule in Erinnerungen, bei denen ich nicht weiß, ob es sich definitiv um Mobbingverhalten handelte oder ob es nur dumme Späße oder sowas waren. Also ich weiß nicht, inwieweit ich es hätte persönlich nehmen sollen. Man ist halt oft ratlos, wie man ein bestimmtes Verhalten einordnen soll, und oft ist man auch kontextblind.

Generell herrschen ja auch unter befreundeten Jugendlichen eher ruppige Umgangsformen, die mir zwar nicht gefallen, angesichts derer man sich aber denkt, dass manches gar nicht so persönlich zu nehmen ist, denn für das Gegenüber ist diese Art des Umgangs einfach "normal".

Manche Leute haben auch gemerkt, dass ich ihr Verhalten nicht richtig einordnen konnte, und haben mich dann durchaus auch bewusst veräppelt. Wobei ich auch hier bei manchen Sachen nicht weiß, ob die nun ernst gemeint waren, oder als Beleidigung oder was auch immer.

Es hat ein Mädchen mal öfter gesagt, sie wäre in mich verliebt/würde auf mich stehen, aber dann hat sie manchmal wieder gesagt, sie würde mich ja nur verar... . Andererseits hat sie auch vor und zu anderen Leuten gesagt, auf mich zu stehen, wo ich dies mitbekommen habe. Von daher weiß ich nicht, was nun wirklich der Fall war, und ich werde es wohl auch nie erfahren. Ich fand sie ohnehin nicht sonderlich sympathisch, aber interessiert hätte es mich schon.
Auch meine Mutter hat mal gemeint, bestimmte Mädchen würden auf mich gucken etc., aber da weiß ich nicht, ob sie sich das als Mutter nicht nur einbildet. Es heißt ja, jede Mutter findet ihr Kind am schönsten.
Ich kann sowas halt nicht erahnen, außer man sagt es mir direkt- und dies, ohne dass eine Verar... im Raum steht.

Vielleicht war ja auch das einer der Gründe, wieso ich bisher nie was mit Mädchen auf romantischer Ebene zu tun hatte. Ich war zwar nie sonderlich attraktiv, aber naja, auch unattraktive Menschen sind nicht zwangsläufig Dauer-Singles.

Mir ist das inzwischen auch weitgehend egal, aber das ist jetzt nur so ein Beispiele für die unzähligen Missverständnisse, die es in meinem Leben gab, weil ich und die meisten anderen Menschen nicht auf einer Ebene kommunizieren.

Und es ist schon so, dass man auch als Autist traumatisiert werden kann, eben durch laufend negative Erlebnisse, das Gefühl, nirgends reinzupassen, überall außen vor zu sein oder einfach wie von einem anderen Planeten zu sein.

Also wenn ich mal dauerhaft Freunde gefunden hätte, ein passenderes Umfeld in der Schule gehabt hätte, dann wäre bestimmt manches anders gelaufen im Leben.
Aber manches kann man nicht wirklich kurieren, was z.B. die motorischen Störungen anbetrifft, so sind diese nur schwer zu therapieren. Man hat bei mir ein bisschen was machen können, aber ich bin schon lange austherapiert diesbezüglich.
-nicht von dieser Welt- :grünes Monster:

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Re: Was wenn eine PS genauso wie AS nur genetisch-individuelle Reizverarbeitungsarten sind?

Beitragvon ToWCypress81 » 14. September 2020, 22:17

#Asperger hat geschrieben:Und ich würde generell sagen, man bekommt lieber eine Diagnose zu viel als eine zu wenig, denn je mehr Diagnosen man hat, desto eher kommt vielleicht noch an Hilfe in Form von Therapie, SBA, EM-Rente etc. ...(...)
Aber ich muss betonen, dass auch ich als Autist durchaus verletzt werden kann.
Es gibt aber hierbei ein Problem mit Missverständnissen und Fehlinterpretationen(...)
Und es ist schon so, dass man auch als Autist traumatisiert werden kann(...)
Aber manches kann man nicht wirklich kurieren, was z.B. die motorischen Störungen anbetrifft, so sind diese nur schwer zu therapieren(...)

Es ging mir bei meiner Ausführung um einen neuen Weg der Diagnose-Stellung, -Benennung und -Fokussierung im Psychiatrischen & Therapiewesen, genauso was die Selbstschau und Selbsthilfe betrifft.

Weg von dem ewigen konzentrieren auf wieder und wieder neue soziale Wirrungen und Ängste, soziale Schwierigkeiten, negative mögliche Hintergründe in sozialen Situationen und Vergangenheits-Trauma/Erziehungs-Wiederholungen die man immer wieder in den Fokus ruft und vor und hinter sich her trägt, sodass man somit sein Angst-Konstrukt wieder und wieder weiter und Beton-stark zementiert und ausbaut - hin zu einer Aufklärung, akzeptieren und Verstehen der eigenen Reiz-Schwäche, welche (die Reiz-Schwäche) einen zu eben jenen sozialen Unverständnissen, persönlich-nehmen, Falsch-verstehen und eigenen negativ eingeprägten Störungs/Schutzmechanismus-Verhalten hinführt.

Darin enthalten ist wie gesagt auch eine Aufklärung auf z. B. therapeutischen Wege, im Sinne einer Realitätsabfrage zu was die eigene Reiz-Schwäche einen zu jenen sozialen Unverständnissen, Ängsten und schlechten traumatischen und erzieherischen Verarbeitungen leitet bzw einen geistig gar zwanghaft nicht loslassen will.

Die eigenen negativen Erfahrungen, Fehl-Erziehung, Traumata und Falsch-Verständnisse zwar durch eine "reine" Aufarbeitung (so wie es bisher in Therapien gemacht wird) zu einem Verstehen der realen Tragweite führen kann (Plastizität), man sich dadurch aber auch immer wieder in seinen Vergangenheitsproblematiken und täglichen Schwierigkeiten festbeißt und diese als Probleme in seiner Persönlichkeit zementiert.

Man durch dieses Zementieren, wie du es gutheißt, sich mannigfaltige Diagnosen bzw Probleme seiner eigenen Persönlichkeit zuschreibt oder entsprechend gar diagnostiziert werden.
Was wiederum dazu führt, das man sich letzendlich als einen stark oder gar zutiefst gestörten bzw problematischen Menschen empfindet. Man sich als z. B.: sozial phobisch, traumatisierten, depressiven, zwanghaften, narzistischen, manischen, gefühlskalten, emotionslosen, nihilistischen, motorisch gestörten, gestisch/mimischen nicht-Erkenner usw sieht.
Diese Problem- bzw Störungs-Punkte zwar zutreffend sein können - es aber für einen nichts bringt sich immer und immer wieder auf die eigenen Schwierigkeiten bzw Probleme hinzuweisen, die durch die leichte oder schwere Reiz-Schwäche als Auslöser dahingehend hinführt bzw man entsprechende Reize dadurch nicht verarbeiten kann. Da das wie gesagt einen immer wieder aufs neue ängstigt und diese Ängste und eigenen Schutzmechanismen bzw Störungen man sich dadurch immer wieder aufs neue einprägt und sich darauf fokussiert wird. Ein Teufelskreis.

Daher, um diesen ganzen Teufelskreis vorwegzunehmen - die Konzentration, das Verstehen, die Aufklärung und das Arbeiten am Auslöser, sprich: der schweren oder leichten Reiz-Schwäche.
Zuletzt geändert von ToWCypress81 am 15. September 2020, 11:05, insgesamt 1-mal geändert.
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