Symbiose

Ein Leben in (völliger) Isolation? Du bist sehr introvertiert, ängstlich-vermeidend oder gar schizoid? Wie gehst du damit um?
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Re: Symbiose

Beitragvon Kalliope » 9. Februar 2020, 16:54

Ghostvoice hat geschrieben:Ich kann rational begründen, weshalb mir Menschen sympathisch sind, aber dieses wird niemals von Gefühlen begleitet.


Entweder verwendest Du das Wort "sympathisch" (altgriechisch συμπάθεια sympátheia, zusammengesetzt aus: συμ = mit und páthein (Verb) leiden‘) nicht so, wie es im Deutschen verstanden wird oder aber Du "entlarvst" Dich selbst :), bzw. leugnest Dein Gefühl. Sym-Pathie jedenfalls wird immer als ein Geschehen mit-Gefühl verstanden. So findest Du es auch überall beschrieben.
Wenngleich auch eine etwas neutralere Übersetzung durchaus möglich wäre als: Mit-Erfahren/Erleben. Würdest Du es eher für Dich so deuten?

Möglicherweise, bzw.: könnte es sein, dass Du "Kriterien" erkennst, die die Menschen als kompatibel zu Deinem Denken erscheinen lassen und Du so rational das als positiv bewertest oder noch emotions-neutraler als "Pluspunkt"?
(Um das mal von der Sympathie zu trennen.)
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Re: Symbiose

Beitragvon Ghostvoice » 9. Februar 2020, 20:15

Kalliope hat geschrieben:bzw. leugnest Dein Gefühl.

Nein, mach ich gar nicht! Und ausserdem... ausserdem... leugnest du selbst Gefühl! So! Basta!
Und sowieso muss ich jetzt ins Bett. Schluss! Aus!
(Übersetzung: kindische Reaktion meinerseits auf den Vorwurf ein Gefühl zu leugnen - was ich derzeit in meinem Leben gerade mache! ;)
Oder eher: machte! Mache gerade meinen Frieden damit...)

Kalliope hat geschrieben:Sym-Pathie jedenfalls wird immer als ein Geschehen mit-Gefühl verstanden. So findest Du es auch überall beschrieben.
Habe jetzt selbst nochmal nach Definitionen gesucht und habe dasselbe herausgefunden wie du. Ja, stimmt.
Allerdings wird im Deutschen "Sympathie" verwendet um ein positives Gefühl einem anderen Menschen gegenüber auszudrücken - auch wenn die Definition eigentlich etwas anderes sagt.
Die eigentlichen Definitionen würden mich für mich sogar eher den neutraleren Begriff "Empathie" beschreiben. Was vermutlich daran liegt, daß ich Beschreibungen gefunden habe, welche schon vor hundert Jahren benutzt wurden und die man an die sich veränderten Sprachgebräuche nicht angepasst hat...
Ich verwende "Sympathie" im Sinne von "jemandem positiv zugewandt sein".

Kalliope hat geschrieben:Möglicherweise, bzw.: könnte es sein, dass Du "Kriterien" erkennst, die die Menschen als kompatibel zu Deinem Denken erscheinen lassen und Du so rational das als positiv bewertest oder noch emotions-neutraler als "Pluspunkt"?
(Um das mal von der Sympathie zu trennen.)

Das ist recht gut ausgedrückt. Ja, dem kann ich mich so anschliessen. Kompatibel zu meinem eigenen Denken, aber auch meinem eigenen Wertesystem. Letzeres ist wichtig. Jemand, der zu den gleichen rationalen Schlussfolgerungen kommt wie ich, jedoch einen stark verschiedenen Wertekanon hat, würde ich kein Gefühl vom Sympathie entgegenbringen.
Diese Tür war immer nur für dich bestimmt.Und nun werde ich sie schliessen.

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Re: Symbiose

Beitragvon Kalliope » 9. Februar 2020, 20:37

Ghostvoice hat geschrieben:Nein, mach ich gar nicht! Und ausserdem... ausserdem... leugnest du selbst Gefühl! So! Basta!
:lachen: (P.S.: ich erkenne Ironie. Meistens jedenfalls, aber danke für die "Auflösung")

Sorry, bin gerade am Korinthenkacken, was Begrifflichkeiten angeht. Wahrscheinlich ist der Bieri dran schuld, den ich immer noch lese.
Ansonsten halt, weil altsprachlich gepestet worden schulischerseits, drüber gestolpert.
Manchmal ist es auch gar nicht so einfach, das wirklich passende Wort fürs eigene Erleben zu finden.

Aber in diesem Fall hatte mich einfach interessiert, wie Du das auflöst, bzw. dann spezifizierst.

Noch ein P.S.: ertappt. Durchaus. (Auch?) ich schaffe es, Gefühle zu leugnen vor mir selbst! Gerne sogar die Intensität von Gefühl(en).
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Re: Symbiose

Beitragvon Ghostvoice » 9. Februar 2020, 21:25

Kalliope hat geschrieben:Noch ein P.S.: ertappt. Durchaus. (Auch?) ich schaffe es, Gefühle zu leugnen vor mir selbst! Gerne sogar die Intensität von Gefühl(en).

Ich lerne gerade im Augenblick, dass ich mir bisher unbekannte Gefühle auch einfach eingestehen kann und somit meinen Frieden mit ihnen mache, anstatt sie zu leugnen. Das Leugnen kostet Kraft, weil man es lange durchhalten muss, bis man es glaubt.

Das Gute daran ist, dass durch die Akzeptanz die Verwirrung aufgelöst wird. Die Unruhe. Macht Platz für andere Dinge... ;)
Diese Tür war immer nur für dich bestimmt.Und nun werde ich sie schliessen.

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Re: Symbiose

Beitragvon Kalliope » 9. Februar 2020, 23:24

Ghostvoice hat geschrieben:bisher unbekannte Gefühle

... das klingt spannend!
Also "unbekannten Gefühlen" begegnen.
Mir sind meine leider alle bekannt. Aber was nicht ist und wer weiß...

Ende OT.
Zur Symbiose kann ich leider nichts beitragen.
Außer, dass ich mir kaum vorzustellen vermag, wie ein Baby schon in der Lage sein sollte abzuspalten. Also, die Mutter bereits als übergriffig zu erleben.
Das setzt für mich ein relativ bewusstes Erleben voraus.
Eher vorstellbar für mich ist, dass die Mutter (oder der Vater, ich finde nicht, dass man den davon ausnehmen sollte) zwar übergriffig war/wurde - wobei zu definieren wäre, was dann als "übergriffig" verstanden würde -, das Baby das allerdings nicht als solches zu erleben vermochte (eben, weil es ja noch gar nicht weiß, was "übergriffig" ist), sondern durch diese Übergriffigkeit nicht die Möglichkeit hatte, ein "Ich"-Erleben aufzubauen und damit auch keine echte(n) Ich-Grenze(n).
Und somit es zwei Möglichkeiten gäbe: ein von dem Elternteil "erfülltes" (nicht im pos. Sinne, sondern eher überfülltes, angefülltes) Ich, welches dann nur ein Pseudo-Ich als "Zweit-Ich" des Elter wäre oder aber als eine Art "leere Hülle" weiterexistiert/existieren muss. Also später, wenn eigentlich eigene Ich-Grenzen erforderlich wären, um normale zwischenmenschliche Kontakte zu (er-)leben. Dann aber dem ehem. Baby die entsprechende Werkzeuge/Instrumente dafür nicht zur Verfügung stehen.
Hmmm. Sind auch nur so Gedankenfetzen.

Wie gesagt: ich kann aus eigenem Erleben da nichts beitragen. Da ich die Abgrenzung, die Fähigkeit zur Abgrenzung mitgeliefert bekam und mich auch abgrenzen durfte. Auch, wenn ein Elter sehr übergriffig vereinnahmend war, bzw. beide sehr zum "sich abladen" neigten und dadurch auch eine große Raumforderung erzeugten. Also durchaus auch im anderen Ich. Aber es war halt doch nur ein Teil, nämlich ihr schwacher, hilfloser, ängstlicher, lebensuntüchtiger Teil und keine Vollvereinnahmung. Und eher dann ab dem Zeitpunkt, wo "sich abladen" schon machbar war und nicht im Babyalter.
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Re: Symbiose

Beitragvon padma28 » 10. Februar 2020, 11:54

@kalliope

Außer, dass ich mir kaum vorzustellen vermag, wie ein Baby schon in der Lage sein sollte abzuspalten. Also, die Mutter bereits als übergriffig zu erleben.
Das setzt für mich ein relativ bewusstes Erleben voraus.
Eher vorstellbar für mich ist, dass die Mutter (oder der Vater, ich finde nicht, dass man den davon ausnehmen sollte) zwar übergriffig war/wurde - wobei zu definieren wäre, was dann als "übergriffig" verstanden würde -, das Baby das allerdings nicht als solches zu erleben vermochte (eben, weil es ja noch gar nicht weiß, was "übergriffig" ist), sondern durch diese Übergriffigkeit nicht die Möglichkeit hatte, ein "Ich"-Erleben aufzubauen und damit auch keine echte(n) Ich-Grenze(n).

Das Übergriffig wird aus anderer Perspektive so genannt, und nicht vom Baby als so empfunden. Also nicht bewusst, da das Bewusstsein sich
erst ab ca 3 Jahren entwickelt. Vorher ist alles unbewusst. Was das Baby nicht verkraften kann, wird in das Unbewusste Gedächtnis gespeichert und scheint später Probleme zu verursachen. Alles was normal läuft, wird nicht gespeichert, da nicht störend. So in etwa stelle ich mir das vor...also nur eine Idee.

sondern durch diese Übergriffigkeit nicht die Möglichkeit hatte, ein "Ich"-Erleben aufzubauen und damit auch keine echte(n) Ich-Grenze(n).

stimme ich zu


Und somit es zwei Möglichkeiten gäbe: ein von dem Elternteil "erfülltes" (nicht im pos. Sinne, sondern eher überfülltes, angefülltes) Ich, welches dann nur ein Pseudo-Ich als "Zweit-Ich" des Elter wäre

verstehe ich irgendwie nicht ganz...kannst Du mir das erklären?

Dank & Gruss

Kalliope
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Re: Symbiose

Beitragvon Kalliope » 10. Februar 2020, 12:34

@padma28:

Definiere "übergriffig".

Was ich mein(t)e: Ein Baby KANN nichts als übergriffig empfinden, auch nicht das, was bewusste, erwachsene Menschen als übergriffig bezeichnen. Für eine Baby ist "nichts" übergriffig, da es nicht unterscheiden KANN, was das wäre. Es hat (zudem) noch keine ausgeprägten Ich-Grenzen. Alles, was Baby passiert, ist für Baby "normal". Da es die Unterscheidung weder treffen noch fühlen kann. Sieht man von Schmerz-Grenze mal ab. Aber selbst dann fehlt dem Baby das Urteilungsvermögen. Der Körper wird sich im Rahmen dessen, was zu diesem frühen Stadium vermag, womöglich wehren, die Seele nicht.

Letztes Zitat, letzte Frage:

Ja, habe ich Schwierigkeiten gehabt, das zu beschreiben, was ich meine. Ich versuche es noch einmal anders.

Das Baby ist noch weitestgehend ohne Persönlichkeit, ohne "Ich". (Weitestgehend, ganz ohne keineswegs!) Vor allem aber ohne Bewusstheit (des Denkens und Reflektierens und Bewertens).
Krass und etwas überzogen ausgedrückt könnte man also sagen: es ist ein Hohl-Körper, in dem erst ein Ich gedeihen und entstehen wird, ebenso, wie die Bewusstheit. In einem sehr frühen Stadium wird dieser Raum (des Hohl-Körpers) auf seelisch-emotionaler-geistiger Ebene von Elter/n ausgefüllt. Oder halt der Bezugsperson/en.
Es fehlt halt noch die Unterscheidung "Du" und "ich".
► Text zeigen


Diese Bezugsperson/en nehmen also einen großen Raum im Baby ein mit ihrer Persönlichkeit, welches das Baby noch gar nicht zu unterscheiden vermag von einer eigenen. Es nimmt also die Persönlichkeit, einfacher: die Emotionalität der Bezugsperson/en/ als seine eigene wahr. Weil es noch nicht trennt.

Nun kann es sein, dass eine Bezugsperson abrupt "wegbricht", dem Baby nicht das allmähliche Aufbauen einer eigenen Persönlichkeit ermöglicht oder ermöglichen kann. (Ich stelle mir vor, ein Elter erkrankt, steht nicht mehr zur Verfügung oder stirbt oder versagt dem Kind jegliche Interaktion, jegliche Liebe, jegliche Aufmerksamkeit etc.)
Zurück bliebe ein Baby ohne eigene Persönlichkeit, lediglich die Pseudo-Persönlichkeit der Bezugsperson bliebe vielleicht für eine Weile nicht erhalten - oder etabliert sich ggf. als "eigene", die es aber gar nicht ist.

Meine Gedanken. Die aus eigenem Erleben heraus entstanden.
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Re: Symbiose

Beitragvon frozen » 10. Februar 2020, 13:28

Ich gehe davon aus, dass ein Baby durchaus intelligent ist und kein leerer Hohlkörper. Nur, weil es Gefühle namentlich nicht benennen kann, heißt das nicht, dass es keine Gefühle hat. Wenn diese Gefühle nach z.B. Nähe nicht bedient werden (oder überbedient werden), fühlt es, dass etwas nicht richtig läuft.

Babys sind wohl durchaus in der Lage, Todesangst zu spüren. Wenn diese Todesangst nicht durch Bezugspersonen genommen wird (Erfüllung des jeweiligen Bedürfnisses), gibt es auf. Um überleben zu können, spaltet es diese negativen Gefühle ab, da die Todesangst ständig spüren zu müssen, den psychischen Apparat total überfordern würde. Und das ständig Erlebte wird zur Normalität: Keiner kümmert sich um mich, wie ich es brauche. Es hat eh keinen Sinn, jemanden um Hilfe zu bitten. Wenn ich Nähe zulasse, will derjenige mich vereinnahmen, ich löse mich im Anderen auf. Je nachdem, ob die Bedürfnisse über- oder untererfüllt wurden.

Das sind die Erfahrungswerte, die ein Baby mit in das Erwachsenenleben nimmt, entsprechend handelt und leider aufgrund seines Verhaltens diese Erfahrungen immer wieder aufs Neue bestätigt bekommt (selbsterfüllende Prophezeihung).

John Bowlby z.B. kann diese Zusammenhänge um einiges besser erklären als ich. Vielleicht mal die Trilogie Bindung, Trennung, Verlust lesen. Neuere Bindungsforscher gibt es natürlich auch (Brisch, Großmann etc.).

frozen

Re: Symbiose

Beitragvon frozen » 10. Februar 2020, 14:46

Also nicht bewusst, da das Bewusstsein sich
erst ab ca 3 Jahren entwickelt. Vorher ist alles unbewusst.


Ich denke, ein Mensch hat ab Geburt ein Bewusstsein und ein Unbewusstes. Ich glaube, du möchtest eher auf unterschiedliche Gedächtnisformen hinaus ( deklaratives und prozedurales Gedächtnis)?

padma28
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Re: Symbiose

Beitragvon padma28 » 10. Februar 2020, 15:13

Prozedual = implizites Gedächtnis
Ja, einverstanden, dazu würde ich die Gefühle zählen

Das deklarative = explizites Gedächnis
Da wären ja bildliche Erinnerung an die ersten Monate eines Babys auch dabei...
Ich meine aber, dass die bewusste explizite Erinnerung erst ab 3 Jahren vorhanden ist.

Oder was beinhaltet Deiner Meinung nach das deklarative Gedächtnis?

Gruss


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