Alleine unter Menschen

Ein Leben in (völliger) Isolation? Du bist sehr introvertiert, ängstlich-vermeidend oder gar schizoid? Wie gehst du damit um?
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Nessuno
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Alleine unter Menschen

Beitragvon Nessuno » 4. Dezember 2019, 21:23

Ich gehe nicht gerne an Orte, zu denen die meisten Menschen zu zweit oder in Gruppen gehen. Dazu zählen Veranstaltungen aller Art, Konzerte, Theater, Kino usw. Dadurch ist mir im Leben manches entgangen, was ich "theoretisch" ganz gerne getan hätte. Mir ist bekannt, daß einige Leute durchaus alleine hingehen, aber ich fühle mich dort nicht wohl. Ich möchte nicht als Einzelgänger auffallen, was man spitzfindig als nichtschizoiden Zug ansehen könnte, denn eigentlich sollte es mir egal sein. Ein Gefühl der "Einsamkeit" stellt sich ein, wenn ich alleine unter Menschen bin. Solange ich nur alleine für mich bin, fühle ich mich kaum einsam, ohne das Gefühl einer gewissen "Leere" abstreiten zu wollen. - Die Dinge, die mir dadurch entgangen sind, vermisse ich heute gar nicht mehr. Durch die jahrzehntelange Gewöhnung habe ich mittlerweile das Interesse daran verloren.

Veranstaltungen, die soziale Interaktion verlangen ("geselliges Beisammensein", Parties) sind ein anderes Thema. Zu solchen Veranstaltungen wäre ich niemals gegangen und hätte nicht einmal "theoretisch" den Wunsch danach verspürt. Es gibt auch keine familiären Zusammenkünfte.

Früher bin ich nicht ins Restaurant gegangen. Das tue ich nun seit einigen Jahren, aber nur zum Mittagstisch, wenn viele andere alleine hingehen.

Geht es euch auch so oder bin ich mit dem Ausmaß meiner Zurückgezogenheit doch eher eine Ausnahme?

robert.goren

Re: Alleine unter Menschen

Beitragvon robert.goren » 4. Dezember 2019, 21:44

Boah. Restaurant geht wenn ich nicht quatschen muss. Den meisten fällt auch nicht auf, dass man nicht so viel isst. Mit einer Bekannten ins Kino, auch ok. Muss ja dann nicht entertainen. Zudem redet meine Bekannte wie ein Wasserfall. Da fällt es nicht auf, daß der Kerl an ihrer Seite kaum die Zähne auseinander bekommt. Ist für Frauen vielleicht auch toll wenn die reden können.

Disko - no way. Konzert (Klassic/Jazz) geht.
Gediegener Abend. Hinfahren. Ankommen. Anhören. Gehen.

Das ist meine Simulation sozialer Kontakte.

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Re: Alleine unter Menschen

Beitragvon Indigocat » 4. Dezember 2019, 21:56

robert.goren hat geschrieben:Disko - no way .
Disko ist ganz ok, hingehen, abtanzen. Leider ist es so laut, dass man sich überhaupt nicht richtig unterhalten kann, außer auf dem Weg zum Klo. Das ist dann sogar mir zu wenig.

Hab auch eine Bekannte auf Abruf, mit der ich ein paar Mal im Jahr so was unternehme. Würde aber auch alleine ins Kino gehen, wenn mich wirklich was interessiert oder in eine Ausstellung.
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Re: Alleine unter Menschen

Beitragvon Kalliope » 4. Dezember 2019, 22:01

Zu Deiner Frage: ich bin nicht diagnostiziert schizoid und meide wie Du dennoch solcherlei (Massen-)Veranstaltungen. Vielleicht mit bisschen divergierender, bzw. teilweise andersgelagerter Ursache oder Begründung. Wenn ich denn dann Essengehen schätzen würde - was ich nicht tue -, so würde mir da auch das "allein am Tisch sitzen" unangenehm sein und fühlte mich dann beobachtet (sieht man mal von Unimensa ab). Sonst und bei anderen Veranstaltungen nicht.
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Re: Alleine unter Menschen

Beitragvon 2ost » 4. Dezember 2019, 22:32

Wenn es etwas zu bieten hat, gehe ich für kurz auch schon mal vollkommen unbekümmert unter Leute, sonst aber nicht. Diskotheken beispielsweise haben nichts, was mich auch nur im Entferntesten interessiert, weswegen ich die schicht nicht aufsuche. Restaurants hingegen bieten gutes Essen, Kinos große Leinwände, Konzerte Livemusik, Museen Kunst usw. Halte mich aber auch da, selbst wenn in Begleitung, aus sozialen Interaktionen weitestgehend heraus und widme mich primär dem, weswegen ich explizit dort bin.

2ost

PS Kommt alles in allem aber eher selten vor: Letzter Restaurant- und Konzertbesuch liegt Monate zurück, der Rest eher Jahre.

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Re: Alleine unter Menschen

Beitragvon Kalliope » 4. Dezember 2019, 22:50

Kaum hat man's ausgesprochen, kommt (soeben) die Frage herein, ob ich nicht Lust habe, Sylvester (SYLVESTER :O!) in die Oper :O zu gehen - und zwar mit einer fünfköpfigen Familie :-O. :zu halten:
Das ist 3 Mal Supergau.
(Wie komme ich aus der Nummer nur wieder raus?)

kl. Nachtrag aber noch und zum obigen Satz: dennoch fühle ich mich geehrt, DASS und WENN mich jemand (überhaupt noch) fragt. Das gilt auch für Parties, die ich absolut nicht gerne mag, trotzdem meist 1 Std. oder so aufschlage, mich in die hinterste Ecke, aufs Klo oder in einen dunklen Raum verziehe, um dann wieder das Weite zu suchen. Es sei denn, irgendwo trifft sich eine ähnlich gelagerte Seele, mit der man sich dann in Abgeschiedenheit bisschen austauschen kann.

Ausstellungen besuche ich sehr gerne. Allein. Zu Zweit, wenn es so abgeht, dass jeder für sich da seine Runde dreht und sich dann hinterher vielleicht noch kurz austauscht (Lieblingsbild/Empfinden zu den Bildern).

Discothek never ever, genauso wie Theater. Kann beides nicht leiden.

Massenveranstaltungen: ausschließlich mal ein eintrittsfreies Sportevent. Das mache ich recht gern sogar (Marathon, Triathlon, Rad, Leichtathletik), insbesondere, wenn ich das in eigene sportliche Aktivitäten einbinde und man da halt kommen und gehen kann, wie man will. Sowieso und gilt für jegliche Form von Veranstaltung.

Edith: wie ich gerade lese, noch schlimmer: 5-köpfige Familie UND Ex-Klassenkamerad nebst Frau Gemahlin, das wird schon ne Wandergruppe. Au weia
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Re: Alleine unter Menschen

Beitragvon Nessuno » 4. Dezember 2019, 23:14

Kalliope hat geschrieben:(Wie komme ich aus der Nummer nur wieder raus?)

Ich bin froh, mangels Bekannter nie in solche Nummer zu geraten.

Während meines Arbeitslebens kam es aber gelegentlich zu "geselligem Beisammensein" mit Kollegen, zum Geburtstag oder Jubiläum. Nur einmal waren wir dafür in einem Restaurant. Ich habe die "Geselligkeit" halbwegs gut überstanden, weil die Leute sich in vielen Jahren an mich gewöhnt hatten - und ich mich an sie. Üblicherweise fiel ich in Gesprächen, soweit ich mich überhaupt daran beteiligte, dadurch auf, daß ich nur über Sachthemen sprach, beispielsweise über die Arbeit. Das mögen die "Geselligen" nicht so gerne. Wenn sie "lustig" wurden, wurde ich um so lustloser. Ich war immer froh, wenn es vorbei war.

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Re: Alleine unter Menschen

Beitragvon novembernebel » 4. Dezember 2019, 23:20

Auf öffentliche Veranstaltungen gehe ich niemals alleine. Ich hasse Menschenmassen, egal wie eng oder weitläufig verteilt die Leute sind. Wenn ich irgendwo hingehe - wie zB Weihnachtsmarkt - dann immer nur mit meinem Partner. Mit ihm ist es erträglich und ich kann die Welt ausblenden. Auch früher, ohne einen Partner zu haben, habe ich Parties und ähnliches gehasst. Ich habe den Sinn nicht verstanden und konnte mich nie so recht einfügen, geschweige denn wohlfühlen, wenn ich mich mal hingezwungen habe. Ich sehe sowas auch immer noch als Zeitverschwendung an.

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Re: Alleine unter Menschen

Beitragvon orinoco » 5. Dezember 2019, 13:35

Also meine größte Horrorvorstellung ist Schunkelzwang in einer Karnevalsveranstaltung. Hab das in ähnlicher Form mal erlebt. Wenn ich dran denke schüttelt es mich heute noch.
Grundsätzlich habe ich kein Problem damit irgendwohin zu gehen wo sich (nicht zu) viele Leute befinden. Hauptsache ich kann mein Ding machen und werde nicht kollektiv vereinnahmt. Nur wenn es ganz dicht wird und es droht die Übersicht und Kontrolle zu verlieren, dann meide ich das doch eher.
Was private Veranstaltungen betrifft mittlerweile auch alles nur noch im kleinen Kreis mit Leuten, die mir persönlich bekannt sind und keine "faule Nuß" dabei ist, die einem auf die Nerven geht.
Früher war das noch anders. Da habe ich mich öfter zu Sachen breitschlagen lassen, weil es als "normal" galt, die mir aber nicht gut getan haben. Mein Gefühl hat sich da immer gemeldet, aber ich habe nicht auf es gehört. Leider. Das kann sich noch übel rächen.
Wenn es sich wenigstens irgendwie gelohnt hätte, aber "außer Spesen, nichts gewesen".
Aber da ist es auch schon anderen mit weit weniger psychischen Problemen auch nicht besser ergangen.

Grundsätzlich: wenn man als Schizoider schon 70 ist, dann kann man eigentlich nicht so viel falsch gemacht haben. Das Schizoide ist ja schon eine natürliche Kompensationsreaktion, damit möglichst viele Stressoren von einem fern gehalten werden. Je konsequenter man das durchzieht und auf sein Gefühl hört, desto besser geht es einem und man wird weniger psychosomatische Probleme haben. Und man wird älter werden, wenn wohl auch keine 122 wie Jeanne Calment. Denn Einsamkeit bedeutet eben auch Stress, der aber für meiner einer wohl das kleinere Übel ist.
Ein prominentes Beispiel einer Person mit psychischen Problemen, die ein vergleichsweise hohes Alter erreicht hat ist für mich Jean Arthur ("A foreign affair"). Sie hatte wohl massive psychische Probleme, war in Behandlung und hatte mehrere Katzen. Bezeichnend was Billy Wilder über die zwei Frauen am Set von "A foreign affair" sagte (sinngemäß): "Ich hatte zwei Frauen am Set: die eine (Jean Arthur) hatte Angst in den Spiegel zu sehen, und die andere konnte es nicht lassen hinein zu sehen (Marlene Dietrich)". Und später in einer TV-Talk-Show brach Jean Arthur unvermittelt auf mit der Begründung sie müsse sich um ihre Katzen kümmern. Sie wurde 90 Jahre alt. Marlene Dietrich übrigens auch.
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Re: Alleine unter Menschen

Beitragvon kritisches_Auge » 5. Dezember 2019, 17:53

Spielt nicht vielleicht auch die Gewöhnung eine große Rolle?
Meine Mutter war verwitwete Lehrerin und konnte sich in der Schule kaum freinehmen, seit frühester Kindheit war ich daran gewöhnt, Dinge allein zu erledigen.

Ich fuhr auch zur Vorstellung allein in ein Internat, ebenso später als ich dort einzog, die anderen wurden von ihren Eltern begleitet, eine sagte, ihre Mutter wolle doch unbedingt ihr Bett sehen, das war mir völlig fremd.

Ich gehe sogar sehr gerne allein in Cafés und beobachte die Menschen, die Unverbindlichkeit dessen tut mir gut und sehr gerne schreibe ich in Cafés Briefe. Ich bin mir dabei noch nie seltsam vorgekommen.

Schrecklich für mich sind Feiern bei denen man an einem großen Tisch sitzt und gezwungen ist, sich mit den Nachbarn zu unterhalten, Small talk liegt mir überhaupt nicht.


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