Wie merkwürdig der Abschied war. Man schüttelt Hände. Spricht ein paar ernst gemeinte Komplimente aus. An die Kollegen, mit den man stets gut zusammenarbeiten konnte, wenn es ein Problem gab. An den bisherigen Chef, der einer der beiden besten Vorgesetzten war, die ich je hatte. Jemand, den man schätzen, respektieren kann und bei dem man auch schonmal finstere Witze über den Zustand der Firma machen kann. Der sich ernsthaft um Dinge kümmert und nicht nur so tut als ob damit der Mitarbeiter Ruhe gibt.
Bei den neuen täglichen 8-Uhr Besprechungen, sieht mich der neue Chef an und meint: „Heute der letzte Tag? Da möchte ich mich wirklich bei dir für deine Arbeit und deinen Einsatz bedanken...“ und beginnt zu klatschen bis alle einstimmen. Ich drehe mich um und gehe weg!
Was soll diese Scheisse??? Mal ernsthaft!? Ich wollte im Dezember gehen und blieb noch den ganzen Jänner, damit genug Zeit bliebe, für meinen Kollegen einen neuen Mitarbeiter zu finden und einzuschulen. Natürlich gehe ich nicht in den Krankenstand, wie man es von jedem erwartet, der weiss, dass er bald geht. Ich habe den ganzen Monat zugesagt und hielt mein Wort. Sowas verdient keinen Applaus, das ist selbstverständlich.
Und ich stehe nicht gerne im Mittelpunkt!
Was mich ausserdem dabei störte: Alle gehen. Nicht nur ich.
Eine ganzer Arbeitsbereich verlässt die Firma. Keiner nahm das Angebot an am selben Arbeitsplatz für die neue Firma zu arbeiten.
Wo blieb ihr ... Applaus?? Für ihren Einsatz? Für ihre Arbeit?
Klar, fast jeder andere hatte erst diese Woche entschieden, ob er im Februar noch hier sein würde. Dennoch: um 8 Uhr war klar, daß auch sie alle gehen - und wurden mit keinem Wort erwähnt! Zum Kotzen!
Ich sprach als erster aus, daß ich für diese Firma nicht arbeiten werde. Ich würde schnell meine Arbeit hassen, sowie mein ganzes Umfeld. Zu unser aller Überraschung wirft mein Kollege nach fast 10 Jahren ebenfalls das Handtuch. Auch er hat beschlossen, daß er unter dem neuen Chef nicht arbeiten will.
Kann es daran liegen, daß unsere neue Kollegin, welche wir einschulten, uns von den 4-Augen-Gesprächen erzählte, in denen sie der neue Chef aufforderte, genau auf das zu achten, was wir so arbeiten und ihm davon zu berichten? Und über Verbesserungsvorschlägen auf keinen Fall mit uns zu reden, sondern nur mit ihm?
Oder vielleicht daran, daß sie sich von dem neu beförderten „Abteilungsleiter“ - einer hinterhältigen Ratte - anhören musste, wie er uns runtermachte? Natürlich schön hinter verschlossener Türe.
Das Problem dabei: mein Kollege und ich hatten - solange es nicht um Ausländerfragen oder Klimaschutz ging - ein sehr harmonisches und vor allem kooperatives Verhältnis, daß sich sehr stark durch einen respektvollen Umgang miteinander auszeichnete. Jeder nahm den anderen bei der Arbeit ernst, wir teilten sofort alle Informationen die der eine bekam mit dem anderen, so dass wir ein gut funktionierendes Team bildeten (und ich mag das Wort „Team“ nicht - aber besser kann ich es nicht beschreiben).
Obwohl er mich im letzten Sommer ordentlich hängen lies (wenig Arbeit führte zu kompletter Arbeitsverweigerung bei ihm) und mich seine fremdenfeindlichen Tiraden nervten - trotzdem war er für jemanden wie mich, dem der Umgang mit Menschen schwer fällt, der verträglichste Arbeitskollege.
Wie gesagt: sehr stark auf Kooperation ausgerichtet; respektvoll im Umgang und niemand, der den ganzen Tag mit Gequatsche nervt.
Und in dieses Arbeitsumfeld kam die neue Kollegin, wurde so bei uns aufgenommen und lernte uns genau so kennen. Und mochte das. Ihr dann praktisch zu sagen: „Spioniere doch die beiden aus, damit ich Munition gegen sie habe“ war vielleicht nicht gerade ideal.
Nun, eben diese Kollegin sich weigerte da mitzuspielen, sagte das auch ausdrücklich und informierte uns über diese Gespräche!
Kaum war mein Kollege heute - an unserem letzten Tag - früher gegangen, hörte ich draussen schon die hinterhältige Ratte sagen: „... naja, der Grund für das ganze Chaos ist jetzt schon weg!“
Diese Ratte war mein Vorgänger. Vor einem Jahr wurde sein Vertrag nicht verlängert, er wechselte in einen anderen Arbeitsbereich und war seit Jahresanfang wieder hier. Allerdings in anderer Funktion. Mein Kollege meinte vor kurzem öfters, daß die Ratte wieder zurück in unseren Arbeitsbereich möchte. Kein Gedanke, der mir besonders gefiel...
Nun, wie sich heute herausstellte kehrt die Ratte am Montag doch zurück in unseren Arbeitsbereich. Mein Kollege und ich werden dann nicht mehr da sein und wird die beiden Kollegen, welche wir einschulten werden erstmal auf ihre Plätze verweisen. Schon heute hatte er es sich auf dem Platz meines Kollegen bequem gemacht.
„Ich sitze ab jetzt hier!“ gab er der neuen Kollegin zur Antwort, als sie ihm mitteilte, daß mein Kollege ihr eigentlich sagte, sie solle ab jetzt diesen Arbeitsplatz benutzen. An sich ist der Platz nicht besser oder schlechter als der andere.
Mein Kollege sass eben immer dort. Und anscheinend meint die Ratte nun, daß dies der „eiserne Thron“ ist und wer auf ihm sitzt hat das Sagen.
Das Ganze ist so absurd...
Dennoch gibt es auch sehr erfreuliches: ab Montag kann ich an einem besseren Arbeitsplatz meine neue Arbeit aufnehmen. Jene Kollegin, welche ich nun 2 1/2 Wochen einschulte, hat recht bald beschlossen, daß dieser Arbeitsplatz nichts für sie ist: zu viele Hinterhältigkeiten, zu viele Regeln um Mitarbeiter zu kontrollieren - auch sie will bald gehen.
Dabei war sie für den neuen Chef die grosse Hoffnung! Sie sollte bald alle Aufgaben problemlos bewältigen und somit ein vollwertiger Ersatz für meinen Kollegen und mich werden. 2 1/2 Wochen reichen um grundlegendste Kenntnisse zu erlangen, aber um mit den täglichen Problemen schnell umgehen zu können braucht man Monate! Ich spreche aus Erfahrung...
Und natürlich weiss der neue Chef nichts von ihren Absichten sich zu verabschieden. Heute kam er zu mir weil er mir einen persönlichen Rat mitgeben wollte: „Siehst du diesen Stuhl auf dem du gesessen bist? Der ist nun leer... aber du nimmst etwas mit! Du musst lernen, Dinge nicht persönlich zu nehmen!“
Ich nehme möglicherweise tatsächlich etwas mit!
Als unsere neue Kollegin zu uns kam überlies ich ihr meinen bisherigen Platz.
Nun eben deutete der neue Chef auf den Stuhl und meinte: „Dein Stuhl“.
Für mich war es aber bereits ihr Stuhl. Somit bezog ich - innerlich - seine Aussage auf sie.
Ich versuchte nicht all zu sehr zu grinsen.
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Er wusste er nicht, dass sie mich vor zwei Tagen gebeten hatte, mich mal nach einem Arbeitsplatz in meiner neuen Firma für sie zu erkundigen.
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Er wusste nicht, daß ich gestern meinen neuen Arbeitgeber danach fragte, der Interesse zeigte und dass sie gleich noch in der Mittagspause ihre vorbereiteten Bewerbungsunterlagen an ihn schickte!
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Er wusste nicht, daß sie bereits heute nach der Arbeit ein Vorstellungsgespräch bei meiner neuen Firma haben würde.
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Am Nachmittag erwartete ich gespannt ihre Nachricht: nächste Woche meldet sich mein neuer Arbeitgeber bei ihr um zu besprechen, in welchem Bereich er sie gerne einsetzen würde!
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:lachen:
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Hmm... tja, anscheinend nehme ich doch etwas aus meiner alten Firma mit!
Aber keine Sorge, lieber Ex-Chef: mit meiner SPS wird es nichts „persönliches“!
Trotzdem: danke für den Ratschlag!
Man soll aber nicht nur etwas mitnehmen, wenn man geht, man soll auch etwas dalassen. Und das haben mein Kollege und ich, auch wenn das nicht unsere Absicht war: nämlich eine menschliche Bombe!
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Unser Arbeitsplatz lag sehr nah an dem einer Kollegin, die leider ein sehr cholerisches Temperament hat.
Ich hatte gerade in den letzten 1 1/2 Wochen viel davon abgefangen um sie zu beruhigen und nicht Andere ihrem Zorn auszusetzen.
Heute morgen als ich in die Arbeit kam, grüsste ich sie wie jeden Tag und ging zu meinem Platz. Da war sie sofort bei mir und entschuldigte sich für ihre Wutausbrüche in der letzten Zeit! Sie wollte mich auf keinen Fall anschreien und es tat ihr so leid, daß ich so viel ihrer Wut abbekommen hatte. Sie hatte Tränen in den Augen und ihre Stimme zitterte!
Ich versicherte ihr wieder, daß ich es nicht persönlich nahm und auch gut wusste, unter welchem Druck sie stand. Und das ist in ihrem Fall nicht mal gelogen!
Sie tat mir so leid. Wieder mal. Aber es war bei ihr niemals ein herablassendes Mitleid! Ich sehe wie ernst es ihr ist, ihre Arbeit gut und gründlich zu machen! Das ist ihr Arbeitsethos! Und den teilen wir.
Somit hatte sie da bei mir gleich von Anfang an einen Stein im Brett.
Sie arbeitet an einem Ort, an dem die Dinge immer schlimmer werden. Ihre Kollegen kümmern sich nicht um ihre Arbeit und diese wird immer mehr, so dass man sie nicht mehr bewältigen kann. Egal wie erfahren, egal wie schnell man ist.
Und obwohl sie das weiss, kann sie nicht aus ihrer Haut: sie stellt an sich selbst den Anspruch, ihre Arbeit gut zu machen. Doch die Umstände verhindern das jeden Tag wieder.
Und zu dieser unhaltbaren Situation kommt der Umstand, daß sie keine Kontrolle über ihre Wut hat. Sie kann sich nicht nur ein bisschen ärgern - bei Problemen bricht in ihr jedes Mal ein Vulkan aus. Dann schreit sie, schimpft (sehr oft über Kollegen) und schmeisst auch schonmal etwas sehr fest auf den Tisch. Und dann geht man ihr besser aus dem Weg. Denn ihr Zorn zeichnet sich nicht nur in ihrem Gesicht sondern auf ihrem ganzen Körper ab. Sie hat die Fäuste geballt, ihre Arme sind angespannt, als würde sie jeden Moment zuschlagen. Niemand liegt sich dann mit ihr an.
Ich war bisher der Einzige, der in solchen Momente zu ihr ging, sie nach dem Problem fragte und es dann oftmals schreiend erklärt bekam. Und nicht immer, aber oft genug konnte ich etwas gegen das Problem unternehmen.
Ich wurde niemals laut ihr gegenüber und konnte nachvollziehen, weshalb sie sich ärgerte.
Ich stelle mir vor, daß es hart sein muss, wenn man von allen Kollegen als verrückte, laute Person gesehen wird und somit stets gegen zig-Fronten kämpft - die echten und die eingebildeten!
Bei der Verabschiedung weinte sie wieder beinahe. Nun ist niemand mehr da - zumindest nicht mehr in unmittelbarer Nähe - der durch den Wutausbruch hindurch versucht ihre Seite zu sehen und zu ihr steht. Vor allem nicht in dem neuen Klima der Ordnung, welches nun aufgebaut wird.
Die Sache, die aber vermutlich schon recht bald passieren wird ist folgende: die Ratte wird nicht müde werden lautstark die Schuld an dem gegenwärtigen Chaos auf meinen Kollegen und mich zu schieben. Wir sind nun weg, also kann er das nun auch laut aussprechen und am besten so oft wie möglich, damit es auf alle Fälle zur Realität wird. Und die Unterstützung des neuen Chef hat er ja dabei.
Und jene Kollegin, die ich gerade beschrieb ist in unmittelbarer Hörweite und hat kein Hemmungen ihre Meinung zu sagen...
... und da sie integer ist, wird sie bei Lästerei über uns nicht weghören!
Ich frage mich, ob sie ihm vielleicht irgendetwas Hartes an an Kopf werfen könnte...
Diese Tür war immer nur für dich bestimmt.Und nun werde ich sie schliessen.