Ich habe nichts mitzuteilen, niemals, niemandem. (Franz Kafka)

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Existiert ein Kontakt mit dem ihr face to face über eure Psyche reden könnt/wollt?

Ja
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2ost
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Ich habe nichts mitzuteilen, niemals, niemandem. (Franz Kafka)

Beitragvon 2ost » 17. Juli 2020, 01:07

Ich frage mich gerade, weil meine Antwort darauf nein ist und mir da gerade was fehlt, ob ihr wen habt oder braucht (Freund*in, Familie, Therapeut*in, etc.), mit dem oder der ihr von Zeit zu Zeit im direkten Kontakt (also ohne Internet- oder Telefonkontakte, etc.) über eure Persönlichkeitsstörung/Psyche, reden könnt und mögt?

austerl
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Re: Ich habe nichts mitzuteilen, niemals, niemandem. (Franz Kafka)

Beitragvon austerl » 19. August 2020, 01:12

Meine Antwort ist auch Nein. Brauchte ich von Zeit zu Zeit jemanden? Ja. Möchte ich? Ja. Könnte ich? Nein, der Erfahrung nach. Und das Kafka-Zitat lässt sich gut herannehmen, um den Grund dafür anzudeuten. "Freund oder Therapeut" gehen mit ihren Mutmaßungen und Projektionen letztlich immer ins Leere. Und die Situation ist schnell erreicht, in der Freund oder Therapeut nur mutmaßen und projezieren können - ich selbst dabei eher hilflos, umständlich, dem Anschein nach vernünftig, vielleicht redselig, vielleicht sogar bewegt, aber eben mehr sachlich in eigener Sache bewegt. Ich glaube, ich rede von mir wie von einem dritten. Die Direktheit geht nicht. Es geht nur das "über mich", nicht eigentlich das "aus mir heraus" oder "von mir aus". So, wie der andere mutmaßen muss, mutmaße ich über mich (das fällt mir vor allem hinterher auf, was mich dann hinterher verzweifeln lässt, und die vertraute Einsamkeit ist plötzlich wieder unerträglicher und wie vertieft). Es gibt konkrete Erfahrungen, z.B. aus der Kindheit, über die ich mich ein gutes Stück weit beruhigen kann, wenn ich sie mit anderen teile (und andere ihre mit mir teilen). Diese Art von Teilen gelingt und ist hilfreich. Aber die eigene Situation, die eigene Ferne, das "Hier und Jetzt"? Meiner Erfahrung nach kommt es da nicht zur Kommunikation. Ich bin ratlos, was ich da kommunizieren, wie ich dieses Kommunizieren sozusagen anstellen sollte, wenn ich nicht nur wie ein anderer über mich reden will.

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bluemoon
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Re: Ich habe nichts mitzuteilen, niemals, niemandem. (Franz Kafka)

Beitragvon bluemoon » 24. August 2020, 22:55

Also ich brauche da im Grunde niemand. Ich hab im Grunde ja auch kein Problem damit.

Das Problem haben eher Menschen, die meine Reaktionen falsch deuten. Damit habe ich dann manchmal ein Problem. Wenn mir diese Menschen wichtig sind, versuche ich ihnen zu erklären, wie ich bin. Dabei geht es aber nicht darum, dass sie mir helfen sollen oder ich eine andere Meinung hören will. Die meisten Menschen sind mir allerdings auch nicht so wichtig, denen will ich mich auch gar nicht erklären. Zum Glück gibt es aber auch Menschen die mich verstehen, ohne dass ich ihnen was erklären müsste.

Ich habe also etwas mitzuteilen, sehr selten, wenigen ;)

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Richey Edwards
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Re: Ich habe nichts mitzuteilen, niemals, niemandem. (Franz Kafka)

Beitragvon Richey Edwards » 25. August 2020, 14:34

Bei mir ist es bloß die Therapeutin, sonst niemand.
Aber es ist sinnlos, weil sie sich nicht vorstellen kann, wie ich mich manchmal fühle.
Da kann ich noch so sehr die deutsche Sprache in all ihren Feinheiten bemühen, es bleibt
sinnlos, weil wir voneinander getrennte Menschen mit unterschiedlichen Erfahrungen
und unterschiedlichem Vorstellungsvermögen sind.
Es gibt noch ein Zitat von Franz Kafka, das ich sehr mag:

Franz Kafka:

VOR DEM EINGANG ZUR HÖLLE

Verlassen sind wir doch wie verirrte Kinder im Walde. Wenn Du vor mir stehst und mich ansiehst, was weißt Du von den Schmerzen, die in mir sind und was weiß ich von den Deinen. Und wenn ich mich vor Dir niederwerfen würde und weinen und erzählen, was wüßtest Du von mir mehr als von der Hölle, wenn Dir jemand erzählt, sie ist heiß und fürchterlich. Schon darum sollten wir Menschen vor einander so ehrfürchtig, so nachdenklich, so liebend stehn wie vor dem Eingang zur Hölle...

- Aus einem Brief Kafkas an Oskar Pollak, 8.11.1903. -
Ich würde keinem Club angehören wollen, der mich als Mitglied aufnimmt. (G. Marx)
Wenn man im fahrenden Zug in die Gegenrichtung geht, fährt der Zug trotzdem in die falsche Richtung. (Welzer) Es gibt keine hoffnungslosen Fälle, nur hoffnungslose Menschen.


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