ToWCypress81 hat geschrieben:Denn erst wenn man erkennt, das man nicht alle Menschen perse' (automatisch) negative Absichten zurechnen/anrechnen kann, sondern man JEDEN Menschen erstmal Vertrauen geben MUSS
Seltsam ist, dass ich Misstrauen gegen einzelne Menschen nicht empfinde. Es mag ein verstecktes, pauschales Misstrauen geben, aber kein empfundenes. Und ich verhalte mich auch nie misstrauisch. Mein mir selbst manifestes (nicht verstecktes) Problem ist eher Gleichgültigkeit, und diese Gleichgültigkeit verhindert, dass ich Zwecke und Absichten habe in der „Realität“. Aber andere haben (gesunderweise) Zwecke und Absichten. Und diese Diskrepanz führt dazu, dass ich wieder auf Distanz gehe, glaube ich jedenfalls. Man kann diese Intentionslosigkeit vielleicht als ultimative, verhüllte Form von Misstrauen verstehen. Allerdings geht die Gleichgültigkeit darüber hinaus, indem ich z.B. auch selbst Erreichtem gegenüber gleichgültig bin… Aber ich kann mich in all dem auch leicht täuschen.
ToWCypress81 hat geschrieben:Für dein EMPFINDEN, wie du Menschen begegnest, wird dieses "verstehen-wollen" in der Regel überhaupt nichts ändern.
Das Alexithymie-Thema ist für mich interessant, da ich mich frage, ob oder wie stark ich alexithym bin. Anderen erscheine ich zwar vielleicht (meist) nicht so, aber es fehlt mir innerlich an emotionaler Präsenz. Es ist wirklich sehr schwer zu beschreiben. Ich kann leicht Kontakte knüpfen, auch recht leicht mit einzelnen anderen „emotional“ zusammen sein, und dennoch bin ich emotional nicht (ganz) präsent. Das ist wahrscheinlich das, was gern „schizoide Maske“ genannt wird. Die dabei entzogene Emotionalität (ich bin etwas hilflos, das zu beschreiben) kann man vielleicht auch anders sehen: als Form von Alexithymie, insofern ich nicht einfach beschließen kann, emotional voll präsent zu sein in der Begegnung mit anderen… Das ist eine echte Schwierigkeit.
ToWCypress81 hat geschrieben:"Formal" und "Pauschal" heißt nicht EMPFINDEN.
Das kann ich einsehen. Es erscheint mir nur eben als das (vorerst) beste, was ich tun kann. Bin dabei auch wirklich nicht empfindungs
los. Aber die beschriebene Einschränkung besteht eben…
ToWCypress81 hat geschrieben:Vertrauen das du damit lernst anderen zu geben, genauso wie Vertrauen dadurch auch zurückzubekommen.
Das kann ich, glaube ich, auch verstehen. Das Vertrauens-Thema ist allerdings ganz besonders schwierig für mich (zu ermessen)…
tiffi hat geschrieben:meditiert (hast), hat dir das irgendwie beim Zugang zu Emotionen geholfen?
Schwer zu beantworten. Es hat dabei geholfen im konkreten Hier und Jetzt präsent zu sein, d.h. meine reale Umgebung wieder wahrzunehmen, d.h. mich in meiner Umgebung zu fühlen. Insofern ja. Und es ist wirklich erstaunlich. Sich wieder in der eigenen Umgebung zu fühlen, hat etwas überaus Beruhigendes, ja Beglückendes. Glücklicherweise hatte ich diese Art von Derealisation nur zweimal erlebt, und das ist schon eine Weile her. Mit Blick auf Deine Frage könnte ich vielleicht wirklich antworten, dass das eine Erfahrung des Wiedererlangens von Emotionalität oder auch eine Form von „Fühlen lernen“ war (insofern ich auch diese emotionale Dimension kurzzeitig „verlernt“ hatte).
tiffi hat geschrieben:Oder vielleicht auch sehr viele Gedanken, die auch irgendwie "verkleidete Emotionen" sind?
Das ist ein spannender Gedanke. Ja, jetzt da Du das fragst… Im Allgemeinen hatte ich die Achtsamkeit auf das eigene Atmen bezogen (und darüber sozusagen eine emotionale „Grundpräsenz“ erreicht). Aber ich habe auch ein bisschen experimentiert, die Achtsamkeit beiseite gelassen, einfach nur Gedanken und Bilder kommen und gehen lassen. Das hat im Gegensatz zur Achtsamkeit nichts direkt bewirkt, aber es war interessant, dass ich vor allem positive Erinnerungen (z.B. Naturerfahrungen, aber auch Erfahrungen mit anderen) hatte, was angenehm war (schon weil ich sonst generell nur wenige Erinnerungen habe). Mit Deinem Gedanken im Hinterkopf könnte ich das wieder mal machen, um dann zu versuchen „achtsam“ zu sein in Hinsicht auf die Emotionen, die dieses Positive der Erinnerungen ausmachen… Das wäre ein interessantes Experiment… Danke!
tiffi hat geschrieben:Vielleicht steckt da Angst vor (Ab)wertung drin
Wahrscheinlich ist es das. Ich glaube eigentlich auch gar nicht, dass ich wirklich weniger Emotionen habe, sondern nur, dass ich mit ihnen nicht (ganz) präsent bin. Ich würde am liebsten sagen: Die Emotionen sind schon da, aber
ich bin
mit ihnen nicht präsent. Die Emotionalität ist sozusagen zurückgenommen, teilweise „zurückgezogen“, aber nicht fehlend. Es mag Unsinn sein. Man kann einwenden, eine Emotion, die „zurückgezogen“ ist, ist nicht zu unterscheiden von einer, die fehlt… Und vielleicht sind es ja die „zurückgezogenen Emotionen“, die Alexithymie
im eigenen Erleben ausmachen?
(Jetzt habe ich einmal mehr nur von mir gesprochen… Ich wünschte wirklich, mal auf andere so tief eingehen zu können wie Du…)