Interview zum Thema Alexithymie

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Re: Interview zum Thema Alexithymie

Beitragvon tiffi » 24. April 2021, 17:41

Hier gibt es noch eine Lesesprobe aus Dr C. Welding - "Fühlen lernen"
https://www.klett-cotta.de/media/14/9783608963366.pdf

Und sie hat eine eigene Seite und bietet Emotionscoaching an:
https://carlottawelding.de/

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2ost
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Re: Interview zum Thema Alexithymie

Beitragvon 2ost » 24. April 2021, 18:50

Kalliope hat geschrieben:Ich beglückwünsche Dich mal für Deinen Gleichmut an der Stelle. Anderen geht's halt anders.

Versteh mich bitte nicht falsch. Auch ich finde den Beitrag dröge und hätte ihn, ohne die Empfehlungen hier, wohl nicht zu Ende gesehen. Auch mich irritierte die Babyeinlage (triggerte mich aber nicht, da meine Trigger andernorten eher liegen). Ich habe halt nur Schwierigkeiten mit Wertungsebenen. Ist der Beitrag inhaltlich valide oder nicht, entspricht er den den Erlebenswelten der Lesenden hier? Diese Ebene verstehe ich halbwegs. Wenn dann aber ihr Haarfimmel, die Frage, warum sie ihr Baby während des Interviews stillte und warum das nicht rausgeschnitten wurde, wie sie persönlich rüber kommt und so weiter… Den Teil verstehe ich schlicht nicht, verstehe nicht, was daran inhaltlich relevant sein sollte. Dass dich das triggert… verstehe ich und das du das darum eingangs erwähntest und nur ungerne nochmals diese Stellen als Beleg mit Zeiten raussuchen wolltest… verstehe ich. Eben darum hab ich das ja schnell gepostet, dass du das nicht musst. Was all das andere um den Habitus der Frau sich drehende, abgesehen von dem Umstand, der dich halt triggert, an Relevanz besitzt verstehe ich indes nicht. Das irritierte mich und bewegte mich darum zu meiner Reaktion, nicht die Möglichkeit zur Präsentation meiner scheinbaren Gleichmut. Aber ich werde es hiermit auch gut sein lassen. und mich aus diesem Thread dann wieder zurückziehen, insoferm meine fortbestehende Irritation diesbezüglich dann ja eh ihre Relevanz auch verliert. :verwirrt:

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Re: Interview zum Thema Alexithymie

Beitragvon austerl » 25. April 2021, 12:07

tiffi hat geschrieben:Und sie hat eine eigene Seite und bietet Emotionscoaching an
Was dann „Vulkanen“ helfen könnte und denjenigen, die ihre Gefühle besser verstehen wollen. „Roboter“ sollten es vielleicht eher meiden, da sie psychisch stabil sind, weil ihr Erleben und Verhalten kongruent sind (nicht aber, weil sie Roboter sind)? „Vulkane“ haben das Risiko für psychische Erkrankungen. (https://youtu.be/aSGlcJ4W94U?t=1444)

Einerseits ist Alexithymie keine Krankheit, womit auch „Roboter“ gesunde Leute sind, die zwar auch im inneren Erleben „abgetönt“ oder stumpfer sind, aber nicht etwa in irgendeiner pathologischen Weise gefühllos (es sei denn, jemand ist Psychopath und deshalb „Roboter“, aber das ist ein anderes Thema). Andererseits scheint sie selbst Alexithyme im Interview doch auch ein wenig zu pathologisieren, indem sie sagt, dass sie sich in ihrem Buch mit jeder Form von emotionalen Problemen beschäftigt, die nicht pathologisch sind, (und nicht nur mit Alexithymie?) (https://youtu.be/aSGlcJ4W94U?t=300), und indem sie die „Roboter“ „Roboter“ nennt.

Jedenfalls eine interessante Frage, finde ich: Würde ein Emotionscoaching „Robotern“ mutmaßlich eher nützen oder schaden? Und ist Emotionscoaching ein Gegenprogramm zum populären Wie werde ich stoischer und gelassener? Und welches Programm führt zu größerer psychischer Stabilität, Aufklärung/Sensibilisierung oder Disziplin? ;-)

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Re: Interview zum Thema Alexithymie

Beitragvon tiffi » 25. April 2021, 12:18

@austerl- es wäre vielleicht auch die Frage, wie sie das Emotionscoaching aufbaut und welche Methode sie anwendet, um es genauer
beurteilen zu können?
Also geht es z. B um Emotionen erkennen bei sich selbst, diese genauer benennen, aus dem Verstehen der Emotion dann Bedürfnis
oder Antrieb klarer herausfinden? (So ähnlich im Ablauf hatte ich da mal aus einem Buch "der Gefühls- und Bedürfnisnavigator"
und das war so als Selbsthilfe dann gedacht oder als Einbauen in der Verhaltenstherapie)
Oder hat sie einen ganz eigenen Ansatz geschaffen?

Vielleicht hätten "Roboter" von sich aus weniger Drang, in ein Coaching zu gehen? So im Sinne "never change a running system".

Und es könnte ja auch nicht nur schaden oder nützen, sondern auch eher nichts bewirken.
Naja, wenn man es GANZ genau sieht, ändert wohl jeder Schritt, jede Begegnung - irgendwas.
Aber in Frage Therapieziel, wäre dann die Frage, ob es da weiterbringt.
austerl hat geschrieben:Andererseits scheint sie selbst Alexithyme im Interview doch auch ein wenig zu pathologisieren, indem sie sagt, dass sie sich in ihrem Buch mit jeder Form von emotionalen Problemen beschäftigt, die nicht pathologisch sind, (und nicht nur mit Alexithymie?)
Ich glaube, von der Aussagelogik heißt es nicht automatisch dann, dass Alexithymie ein pathol. Problem
ist, auch wenn es dann naheliegt, es so zu verstehen.
Ich glaube, der Schwerpunkt der Aussage ist, sie ist breiter gefächert und kennt sich mit mehr Dingen als nur einem Thema aus.

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Re: Interview zum Thema Alexithymie

Beitragvon austerl » 25. April 2021, 13:21

tiffi hat geschrieben:es wäre vielleicht auch die Frage, wie sie das Emotionscoaching aufbaut und welche Methode sie anwendet, um es genauer beurteilen zu können?
Ja, unbedingt, ich will nur gern vor dem Vertrautwerden damit schon unbedingt Fragen haben, bei diesem Problem vor allem, weil sich mir eine Analogie zu dem Problem aufdrängt, das ich konkret habe: Wenn ich präsenter sein will im Kontakt mit anderen, und nicht so innerlich distanziert, muss ich dann nicht bereit sein, verletzlicher zu sein, mich verletzlicher zu machen? Würde ich psychisch instabiler werden, wenn ich mich verletzlicher machte? Vielleicht nicht, wenn ich auch an meiner emotionalen Intelligenz arbeitete. Aber verletzlicher machen heißt eben sich verletzlicher machen… Es scheint viele zu geben, die einen Stoiker (jemand, der sich weniger verletzlich gemacht hat) als relativ psychisch stabil ansehen. Und der „Roboter“ (der wahrscheinlich auch weniger verletzlich ist), um wieder darauf zurückzukommen, ist psychisch stabiler als der „Vulkan“…
tiffi hat geschrieben:nicht automatisch dann, dass Alexithymie ein pathol. Problem ist, auch wenn es dann naheliegt, es so zu verstehen.
Sie verneint es, suggeriert es aber doch ein wenig.

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Re: Interview zum Thema Alexithymie

Beitragvon ToWCypress81 » 25. April 2021, 17:26

austerl hat geschrieben:Würde ich psychisch instabiler werden, wenn ich mich verletzlicher machte? Vielleicht nicht, wenn ich auch an meiner emotionalen Intelligenz arbeitete.

Es geht nicht um eine selbst herbeigeführte innerliche Veränderung, denn die ist nicht wirklich möglich.
Auch ich habe 25 Jahre lang versucht mich "aus dem Inneren heraus" zu verändern.
An sich geht es nur darum wie man dem "Äusseren" begegnet.
Denn nur wenn die Wahrnehmung am "Aussen", sprich: am Menschen verändert wird, entsteht damit automatisch auch eine Veränderung in beide Richtungen, im Sinne des Vertrauens.
https://www.schizoide-forum.de/viewtopic.php?f=40&t=2684&p=43845#p43845
"Vergleiche dich niemals mit anderen. Vergleiche dich immer nur mit deinem früheren Ich". - R. M.

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Re: Interview zum Thema Alexithymie

Beitragvon tiffi » 25. April 2021, 20:51

austerl hat geschrieben: Aber verletzlicher machen heißt eben sich verletzlicher machen… Es scheint viele zu geben, die einen Stoiker (jemand, der sich weniger verletzlich gemacht hat) als relativ psychisch stabil ansehen. Und der „Roboter“ (der wahrscheinlich auch weniger verletzlich ist), um wieder darauf zurückzukommen, ist psychisch stabiler als der „Vulkan“…
Würde das dann für dich heißen, dass Gefühle wahrnehmen oder zulassen mit Instabilität verknüpft ist?
Dass es eine Schutzfunktion dann hat, nicht zu fühlen, um nicht instabil zu werden?
Was würde so eine Instabilität dann ausmachen?
Dass man mit den Gefühlen nicht umgehen kann oder überflutet ist von bestimmten Gefühlen?

Es wäre natürlich auch die Frage, ob man die Gefühle selbst "festhält" und auch wieder fühlen könnte,
wenn man es bewusst will oder es im Rahmen einer Therapie dann zulässt.

Ist denn Alexithymie überhaupt eine eigenständige Diagnose? (wenn es nicht pathologisiert ist, dann ja vermutlich nicht).
Oder ist das eine Begleiterscheinung, die bei verschiedenen Krankheiten auftreten kann?
Aber wie ich es verstanden habe, ist nicht jede A. von Krankheit begleitet, also auch ein gesunder Mensch
könnte A. haben.

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Re: Interview zum Thema Alexithymie

Beitragvon 2ost » 25. April 2021, 22:30

Falls ich das Interview richtig erinnere, beschrieb die Frau das als, erst einmal, vollkommen normale, allen Menschen in unterschiedlichen Abstufungen innewohnende Persönlichkeitsmerkmale. So wie es eher extrovertierte und eher introvertierte Menschen gäbe, ohne das diese Persönlichkeitsmerkmale in irgend einer Form per se Krankheitswert besäßen, gäbe es halt auch eher empathische oder eben eher alexthyme Menschen, wiederum ohne das dieses irgend einen Krankheitswert haben müsste.

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Re: Interview zum Thema Alexithymie

Beitragvon austerl » 26. April 2021, 00:32

ToWCypress81 hat geschrieben:Denn nur wenn die Wahrnehmung am "Aussen", sprich: am Menschen verändert wird, entsteht damit automatisch auch eine Veränderung in beide Richtungen, im Sinne des Vertrauens.
Du meinst, ich müsste nicht meine (ganz automatische) Schutzhaltung aufzugeben versuchen, sondern einfach mich anderen gegenüber wertschätzend verhalten? Also nicht zu selbstreflexiv sein, sondern mehr positive Erfahrungen wagen? Tatsächlich habe ich immer das Gefühl, meine Schutzdistanz erst verstehen zu müssen, um sie kontrolleren zu können, d.h. um sie mindestens bei mir wichtigen Kontakten abbauen zu können. Zwar verhalte ich mich, glaube ich, formal ziemlich wertschätzend gegenüber anderen, nur eben aber zu pauschal, was letztlich bedeutet, dass ich diesem Wertschätzen den anderen gegenüber letztlich gleichgültig bin. Du hast gewiss recht damit, dass ich selbstreflexiv und mit den Versuchen, mir selbst sozusagen emotional näher zu kommen, zwar vielleicht nicht keinen Schritt weit, aber doch nicht sehr weit kommen kann. Letztlich kommt es darauf an, die letztliche Gleichgültigkeit aus dem Verhalten zu anderen heraus zu nehmen, und das kann ich dann nur im Verhalten zu anderen, stimmt, mit einem echten vertrauenden Wertschätzen. Ich kann noch nicht so weit gehen zu sagen, dass selbst herbei geführte innerliche Veränderung nicht möglich ist (vielleicht erkenne ich das noch), aber dass ich nur selbst-reflexiv nicht weit komme, ja, das sollte ich nicht vergessen. Danke!
tiffi hat geschrieben:Würde das dann für dich heißen, dass Gefühle wahrnehmen oder zulassen mit Instabilität verknüpft ist?
Ich weiß es nicht, aber der „Roboter“ wird eben als vergleichsweise psychisch stabil beschrieben, und der Stoiker versucht wohl, diese psychische Stabilität durch „emotionale Abtönung“ zu erreichen. Wenn man fast alles an sich heranlässt, ist man ja vielleicht wirklich leichter zu destabilisieren, als wenn man wenig an sich heranlässt. Aber Alexithymie ist gewiss nicht ideal, eher Kontrolle, wie Du sagst: fühlen, wenn man es bewusst will, oder umgekehrt: geschützt sein, wenn es nötig ist. Ich bin daher auch neugierig auf das Buch Fühlen lernen.

Meine Reaktion auf das Emotionscoaching in Bezug auf den „Roboter“ war vielleicht ein klein wenig zynisch (dass das Coaching dem „Roboter“ vielleicht eher schaden könnte), was mir etwas leid tut. Ich merke, dass es mich doch ärgert, wie sie als Emotionsexpertin den „Roboter“ schildert (dass bei ihm innerlich eh nicht viel los sei) – wobei ich mir eben auch vor Augen halte, dass viele Schizoide höhergradig alexithym sind (so dass man sogar eine Synonymie der Diagnosen für möglich hielt)… Es war von mir aus vielleicht eine Art von Verteidigungsreflex. ;-)
tiffi hat geschrieben:Ist denn Alexithymie überhaupt eine eigenständige Diagnose? (wenn es nicht pathologisiert ist, dann ja vermutlich nicht).
Ich denke, es ist eine eigenständige Diagnose, denn man kann zuweilen lesen, dass für eine SPS-Diagnose ausgeschlossen werden muss, dass lediglich eine Alexithymie vorliegt (z.B. hier: PDF-Link). Man muss sie also irgendwie diagnostizieren? Aber es ist dann eben keine psychiatrische Diagnose.

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Re: Interview zum Thema Alexithymie

Beitragvon ToWCypress81 » 26. April 2021, 15:23

austerl hat geschrieben:Du meinst, ich müsste nicht meine (ganz automatische) Schutzhaltung aufzugeben versuchen, sondern einfach mich anderen gegenüber wertschätzend verhalten? Also nicht zu selbstreflexiv sein, sondern mehr positive Erfahrungen wagen?

Genau so, ja.
Allerdings geht es nicht zu sehr darum, von positiven Erfahrungen "zu leben", auch wenn diese einen natürlich im eigenen Verhalten bestärken können.

Hauptsächlich geht es darum, die Perspektive zu Menschen zu verändern, egal ob man nun negative oder positive Erfahrungen macht.

Die Perspektive:
Menschen nicht mehr als negative-besetzte "Masse" anzusehen, sondern in jedem Mensch das Individuum zu erkennen.

Denn erst wenn man erkennt, das man nicht alle Menschen perse' (automatisch) negative Absichten zurechnen/anrechnen kann, sondern man JEDEN Menschen erstmal Vertrauen geben MUSS, da diese Individuen und keine gleichgeschaltete Masse darstellen, entsteht Veränderung - zu der eigenen Umwelt und damit auch bei einem selbst.

austerl hat geschrieben:Tatsächlich habe ich immer das Gefühl, meine Schutzdistanz erst verstehen zu müssen, um sie kontrolleren zu können, d.h. um sie mindestens bei mir wichtigen Kontakten abbauen zu können

Diese Art des "verstehen wollens" ist REIN Verstand-basierend. Du kannst das im Geist/Verstand zig-tausendmal durchdenken, und vielleicht auch in Teilbereichen verstehen, warum das nun so oder so ist. Für dein EMPFINDEN, wie du Menschen begegnest, wird dieses "verstehen-wollen" in der Regel überhaupt nichts ändern.

Daher musst du etwas daran ändern, wie du Menschen begegnest bzw diese lernst anders anzusehen (wie beschrieben).

austerl hat geschrieben:Zwar verhalte ich mich, glaube ich, formal ziemlich wertschätzend gegenüber anderen, nur eben aber zu pauschal.

"Formal" und "Pauschal" heißt nicht EMPFINDEN.
Pauschal/formal ist rein oberflächlich, um wie du schon sagst die "Form" zu wahren, in der Gesellschaft.
Nur durch ein Echtes Umdenken auf die Sicht der Menschen gegenüber, entsteht Vertrauen. Vertrauen das du damit lernst anderen zu geben, genauso wie Vertrauen dadurch auch zurückzubekommen.
"Vergleiche dich niemals mit anderen. Vergleiche dich immer nur mit deinem früheren Ich". - R. M.


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