Glaubt ihr an Gott?

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Re: Glaubt ihr an Gott?

Beitragvon AllEinSein » 22. Juli 2021, 10:35

2ost hat geschrieben:Wenn wir mehr sind, als Tiere, macht uns das dann nicht schlimmer noch?


Ich denke auch, dass wir Menschen mehr Verantwortung haben als Tiere; weil wir uns bewusst machen können, was wir tun und welche Auswirkungen es hat. Und weil wir uns Alternativen ausdenken können. Tiere können all sowas ja nur in einem begrenzten Bereich und Ausmaß, wenn überhaupt.

Insuffizienz
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Re: Glaubt ihr an Gott?

Beitragvon Insuffizienz » 22. Juli 2021, 15:11

tiffi hat geschrieben:Bei "Glaube an Gott" entsteht bei mir zum Teil so ein abstraktes Bild von einem konstruierten fernen abstrakten Gott,
eine theoretische Konstruktion, eine Autorität "die irgendwas will" (sonst fällt es auf einen zurück).

Naja, Gott gibt es auch nicht anders, eben als ein Prinzip hinter allem, dessen Wille geschehe.

Ich würde zu deiner Einschätzung des „Urchristentums“ anmerken – und das ohne Experte zu sein, aber eben mit dem Wissen um Grundlagen des Christentums welcher Form auch immer –, dass diese gar nicht von den Bedürfnissen der Leute ausgegangen sind – was du ja auch schon angemerkt hast. Du sagst (zwar die weltlichen Prinzipien dabei herausfilternd), die hätten damals beklagt: „Es gibt Verlierer. Vieles ist anmaßend.“ Nur, wie meinen Gläubige das? Der Christ sieht den Menschen als Sünder, weil er überhaupt Bedürfnisse hat und seinem „Egoismus“ nachgeht. Das ist für einen Christen so oder so anmaßend, denn man solle sich doch bitte dem Glauben widmen, gottgefällig leben, sich auf das Jenseits fokussieren und sich nicht von sündigen Lüsten des Lebens verführen lassen. Dass Christen eine vernünftige Gesellschaft einrichten wollten, in der alle mit ihren Bedürfnissen und Interessen möglichst zum Zuge kommen, passt ja mal gar nicht in deren Vorstellungswelt. Wer seinen Fokus auf das Diesseits richtet, verabschiedet sich offensichtlich gerade vom Jenseits. Gläubige sind es nicht, die die Befriedigung der Bedürfnisse zum Ausgangspunkt ihrer Kritik nehmen, vielmehr sind die sinnlichen Bedürfnisse selbst ihr ganzer Kritikpunkt. Unter diesem Gesichtspunkt polemisieren Christen seit Jahrhunderten gegen den Wucher von Kaufleuten. Dass alle Menschen reich werden, würde dieser demütigen Verzichts-Ideologie ganz widersprechen, deshalb auch der Spruch: "Eher kommt ein Kamel durchs Nadelöhr als dass ein Reicher ins Reich Gottes kommt".

tiffi hat geschrieben:Bei der Urchristen gabs da eher das Prinzip Barm-herzigkeit. Es hatte was damit zu tun, das Leid der anderen in den eigenen Eingeweiden zu spüren. Den Terror, den Schock mitzufühlen. Was ist daran so falsch?

Das Leid zu spüren ist natürlich nicht falsch, ein Gefühl ist ja ohnehin subjektiv und deshalb an sich nicht objektiv wahr oder falsch. Was man darüber denkt, wäre doch entscheidend – und nach wahr und falsch zu beurteilen. Die Deutung der Sache lassen sich Gläubige aber natürlich nicht nehmen. Es ist vielmehr der Zynismus von Christen, Mitleid mit Verlierern zu haben. Denn ihnen sind „Gottes Wege unergründlich“ (wie könnte auch ein kleiner Erdenbewohner den Allwissenden und Allmächtigen verstehen?), da mag manchem, den das Schicksal trifft, eine Prüfung Gottes anheimfallen oder gar seine gerechte Strafe. Der Herr im Himmel wird schon seine guten Gründe dafür gehabt haben, was würde sich ein irdischer Sünder anmaßen, die Wege des Herrn infragezustellen? Allenfalls raffen die sich zur Heuchelei der Mildtätigkeit auf, mit ein paar Almosen und karitativem Getue ihr Gewissen reinzuwaschen (und ihrem religiösen Besserwissen zu folgen) – anstatt die politische Ordnung selbst in die Hand nehmen zu wollen, damit Armut und materielle Ungleichheit überhaupt nicht mehr entstehen, die so viel Mitleid erzeugen; was jedoch ein Verstoß gegen die gerechte göttliche Vorsehung wäre. Man muss zudem auch verstehen, dass „Gerechtigkeit“ für Gläubige etwas anderes ist als für weltliche Köpfe (unabhängig davon, was man überhaupt von solchen ethischen Prinzipien halten sollte).

Die Gefühle des Menschen werden schneller erregt als sein Verstand; und, wie ich vor einiger Zeit in einem Artikel über den Akt der Kritik ausgeführt habe, es ist weitaus einfacher für das Leiden Mitgefühl zu empfinden als Sympathie für Gedanken zu hegen. Dementsprechend stellen sie sich selbst, mit bewundernswerten, aber fehlgeleiteten Absichten, die äußerst ernste und äußerst sentimentale Aufgabe, die Übel zu heilen, die sie beobachten. Aber ihre Gegenmittel heilen nicht die Krankheit: sie verlängern diese bloß. In Wahrheit sind ihre Gegenmittel Teil der Krankheit. Sie versuchen bspw. das Problem der Armut zu lösen, indem sie die Armen am Leben halten; oder im Fall einer sehr fortschrittlichen Schule, indem sie die Armen belustigen. Aber das ist keine Lösung: es ist eine Verschlimmerung der Problematik. Das richtige Ziel ist, die Gesellschaft auf einer Grundlage neu zu errichten, in der Armut ausgeschlossen ist… Zudem ist es verwerflich, ausgerechnet mithilfe des Privateigentums die fürchterlichen Übel zu lindern, die Produkt der Institution des Privateigentums sind… Die Mildtätigkeit empfinden [manche Arme] als lächerlich unzulängliches Mittel einer Teilrückerstattung oder als sentimentale Almosen, gewöhnlich mit dem unverschämten Versuch des sentimentalen Spenders verbunden, über ihr Privatleben zu herrschen. Warum sollten sie für die Krumen dankbar sein, die vom Tisch des Reichen fallen? Sie selbst sollten beim Mahle sitzen, das beginnen sie jetzt zu begreifen.
(„Die Seele des Menschen im Sozialismus“, Oscar Wilde, 1891, https://www.marxists.org/deutsch/archiv ... /seele.htm)

Nebenbei will ich noch die Frage stellen, was deine politische Analyse anbelangt: Ist es nun der böse Wille, der übertriebene Egoismus der Reichen und Mächtigen, dass die sozialen Schäden produziert werden? – oder hat die Sache System? Gibt es Profitmacherei und die Konkurrenz ums Geld ohne die negativen „Folgen (für Umwelt, Schäden anderer Menschen, Nachteile anderer Menschen)“?

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Re: Glaubt ihr an Gott?

Beitragvon tiffi » 22. Juli 2021, 19:45

Hallo Insuffizienz,

bin jetzt selbst mal gespannt, wie da ein Austausch möglich ist, und diesmal liegts an mir.
Mein Hintergrund in der Sache ist, dass ich vor 15 Jahren mal eine Freikirche besucht hab, dann so
interne Bibelstudien betrieben hab, in Foren mal Leute von anderen Richtungen befragt hab (aber durchaus noch
in der Blase drin), und selbst nie Teil davon wurde (aber die Gedanken wurden Teil von mir :rätseln: )

Dann hab ich aus der aktuellen Zeit damit ein paar Gedanken verknüpft, die in Richtung Ethik gehen
oder politische Beobachtungen, aber es bleibt ein "hausgemachtes Süppchen" und damit ja nicht
wirklich substanziell für eine Diskussion.

Hätte ich auch ganz unabhängig vom christlichen Glauben formulieren können.
Ist im Grunde ein völliger Basis Gedanke, wobei, vermutlich auch Idealismus- dass der Mensch rein harmonisch
eingefügt ist in seine Umwelt, mit anderen Wesen, offen und auch demütig.

Ich schau mal, auf was ich eingehen kann.
Insuffizienz hat geschrieben:Gott gibt es auch nicht anders, eben als ein Prinzip hinter allem, dessen Wille geschehe.
Sehe ich nicht zwangsläufig so.
Es gibt auch andere Religionen, mit Göttern, mit verschiedensten Funktionen und Charaktereigenschaften,
naturalistischen Gottheiten, oder Buddhismus, in denen es alleine um Prinzipien geht.
Aber die Threadfrage weist wohl schon auf Monotheismus hin, so habe ich den Subtext dann gelesen und
mich darauf auch bezogen.
Insuffizienz hat geschrieben: Ich würde zu deiner Einschätzung des „Urchristentums“ anmerken – und das ohne Experte zu sein, aber eben mit dem Wissen um Grundlagen des Christentums welcher Form auch immer –, dass diese gar nicht von den Bedürfnissen der Leute ausgegangen sind – was du ja auch schon angemerkt hast. Du sagst (zwar die weltlichen Prinzipien dabei herausfilternd), die hätten damals beklagt: „Es gibt Verlierer. Vieles ist anmaßend.“
Nur, wie meinen Gläubige das?
Im damaligen Kontext in Richtung "das Joch der Treiber und Unterdrücker soll gebrochen werden". Oder "lastet den Kleinen keine weiteren Regeln auf, die hängen wie Mühlsteine um ihren Hals".

Das Gesamtpaket christlicher Sichtweise ist aber eine Vision, die wie du sagst, auch auf das Jenseits hinweist.
Die im Diesseits noch eine relative Machtlosigkeit beschert.

Mit diesen Gedanken, Jenseits usw, nur in einer Gemeinde sein mit Gleichgesinnten mit einer doch sehr strikten
Sichtweise, bin ich nicht identifziert.
An Jenseits glaub ich z B gar nicht und denke, für mich ist das gegessen, wenn ich tot bin. Ich hoffe es noch nichtmals
dass es weitergeht.
Insuffizienz hat geschrieben:Dass Christen eine vernünftige Gesellschaft einrichten wollten, in der alle mit ihren Bedürfnissen und Interessen möglichst zum Zuge kommen, passt ja mal gar nicht in deren Vorstellungswelt. Wer seinen Fokus auf das Diesseits richtet, verabschiedet sich offensichtlich gerade vom Jenseits.
Am ehesten Macht- und Herrschaftsbezogene Aussagen hab ich da noch in einem Mailaustausch mit den
Zeugen Jehovas gelesen.
Die sagen z B dass der Mensch alle möglichen Regierungsphasen durchlebt, von Priesterherrschaft, bis Kaiserherrschaft
und ganz am Ende steht die Demokratie. Die sagen z B die steht auf tönernen Füßen, wobei tönern hier meint
Ton= Erde= Mensch der auch aus Materie ist.
Aber brauchbar in Richtung, wie gestalte ich das Diesseits fand ich das jetzt nicht.

Die legen den Schwerpunkt für sich selbst da schon auf Mission auch und hoffen auf eine spätere göttliche
Regierung und haben Ideen mit einer geistigen Welt wo die Ausgewählten dann regieren - als Geister-
dass sich neue Welten erschlossen werden und dass es eine Erde materiell 2.0 gibt aber dann ohne Alter, Tod, Krieg ect.
Schöne Idee, letzteres, aber für mich zu abgefahren und ich sehe keine realistische Verbindung.
Insuffizienz hat geschrieben:Unter diesem Gesichtspunkt polemisieren Christen seit Jahrhunderten gegen den Wucher von Kaufleuten.
ich meinte da nicht den sinnesfeindlichen Aspekt, der Reichtum verbietet, und es war noch nichtmals
ein Verbot, so wie ich diesen Spruch lese mit dem Kamel und Reichen - nur eine Feststellung- es stößt sich
ab wie zwei unpassende chemische Zustände.

Für mich persönlich sehe ich es schon als plausibel an, dass Besitz behäbig machen kann oder
vom eigenen Selbst / Umwelt trennen, von Belangen die andere betreffen.

Aber da mag es Ausnahmen geben, dass z B welche auch Projekte starten und Strukturen aufziehen,
um damit einen vertretbaren Wert und pro Umwelt zu leben.
Insuffizienz hat geschrieben:Das Leid zu spüren ist natürlich nicht falsch, ein Gefühl ist ja ohnehin subjektiv und deshalb an sich nicht objektiv wahr oder falsch. Was man darüber denkt, wäre doch entscheidend – und nach wahr und falsch zu beurteilen.
Ja, da ist was dran. Ich dachte jetzt auch noch darüber nach, was es bringt, wenn einige traumatisiert
sind, und viele den traumatischen Stress nachfühlen. Aber dann?
Du armes Opfer, etwas Mitleid, ein Trostpflaster wäre dann für mich keine gute Bewertung.

Trauma entsteht dadurch, dass mit Leben und Wesen nicht gut umgegangen wird, brutale Verletzung.
Entweder höhere Gewalt (Unfall, Unglück) oder auch bewusst ausgeübt (Mord, Krieg) oder billigend
in Kauf genommen. Beim Thema Besitz- über alle Maßen hinaus- ohne Rücksicht auf Konsequenzen-
ist das für mich letzteres. Billigend in Kauf genommen.
Insuffizienz hat geschrieben:Es ist vielmehr der Zynismus von Christen, Mitleid mit Verlierern zu haben. Denn ihnen sind „Gottes Wege unergründlich“ (wie könnte auch ein kleiner Erdenbewohner den Allwissenden und Allmächtigen verstehen?), da mag manchem, den das Schicksal trifft, eine Prüfung Gottes anheimfallen oder gar seine gerechte Strafe.
Diese Haltung ist mir auch zu zynisch.
Auch das Almosengeben, dabei entmündigen, zu nahe zu treten oder dafür etwas zu fordern. Und sei
es Dankbarkeit oder Loyalität.
Die Gefühle des Menschen werden schneller erregt als sein Verstand; und, wie ich vor einiger Zeit in einem Artikel über den Akt der Kritik ausgeführt habe, es ist weitaus einfacher für das Leiden Mitgefühl zu empfinden als Sympathie für Gedanken zu hegen.
Dementsprechend stellen sie sich selbst, mit bewundernswerten, aber fehlgeleiteten Absichten, die äußerst ernste und äußerst sentimentale Aufgabe, die Übel zu heilen, die sie beobachten. Aber ihre Gegenmittel heilen nicht die Krankheit: sie verlängern diese bloß. In Wahrheit sind ihre Gegenmittel Teil der Krankheit. Sie versuchen bspw. das Problem der Armut zu lösen, indem sie die Armen am Leben halten; oder im Fall einer sehr fortschrittlichen Schule, indem sie die Armen belustigen. Aber das ist keine Lösung: es ist eine Verschlimmerung der Problematik. („Die Seele des Menschen im Sozialismus“, Oscar Wilde, 1891, https://www.marxists.org/deutsch/archiv ... /seele.htm)
Da ist was dran. Sentimentalität alleine und Betroffenheit alleine mildert nichts.
Vermeidet auch nicht mehr desselben.
Nun gehen ja manche auch den Weg- erst die Gedanken, und dann die Emotionen aufrühren. Das wäre mir
auch nichts. Eher sowas Hand in Hand.....wachsam sehen, mitfühlen.
(Bewerten, Folgen, Handeln----kann ich in Theorie zustimmen, in Praxis fehlt mir da aber was, da lebe ich
so zurückgezogen, oft am Rand der Nerven/Kräfte und passiv).
Insuffizienz hat geschrieben:]Nebenbei will ich noch die Frage stellen, was deine politische Analyse anbelangt: Ist es nun der böse Wille, der übertriebene Egoismus der Reichen und Mächtigen, dass die sozialen Schäden produziert werden? – oder hat die Sache System? Gibt es Profitmacherei und die Konkurrenz ums Geld ohne die negativen „Folgen (für Umwelt, Schäden anderer Menschen, Nachteile anderer Menschen)“?
Es werden nicht nur soziale Schäden produziert. Auch Umweltschäden, Artensterben.
Es sind nicht nur die Superreichen, aber ich denke, es gibt eine Elite (2%) die das größte Vermögen verwaltet
und die die größte Macht haben, um zu steuern.
Und ich denke, gerade wir im Westen wo noch fast alles plus etwas mehr da ist, sind dann eher ruhiggestellt,
viele profitieren so halbwegs und ihnen gefällt, was sie leben. Oder es ist Angst, unter die Räder zu kommen.
Ob die Sache System hat, kann ich nicht beantworten.
Vielleicht in der Richtung, Geld, Besitz, Macht beruhigt, und trennt.
Profit könnte gehen, wenn es unter fairen Bedingungen gemacht wird (Kosten abgewogen, Nachhaltigkeit,
faire Löhne) und eben das Gesamtpaket stimmt.

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Re: Glaubt ihr an Gott?

Beitragvon Insuffizienz » 23. Juli 2021, 10:02

Ja genau, das mit Gott: Also ich bin jetzt auch von Monotheismus ausgegangen. Da würde ich natürlich zustimmen, dass Polytheismus noch anders funktioniert.

Apropos Ton: Mich haben die Zeugen Jehovas auch einmal angequatscht, also an meiner Haustür geklingelt, habe etwas mit denen diskutiert. Der Typ meinte dann, er glaube tatsächlich, Gott hätte den Menschen erschaffen, indem er ihn aus Lehm geformt hätte und anscheinend irgendwie lebendig gemacht. Fand ich damals amüsant, dass Leute heute noch so etwas glauben. Ich meine, damals wüsste man es nicht besser, aber heute, die Naturwissenschaft hat doch so vieles erklärt, warum muss man sich dann noch so etwas einreden? :D

Die legen den Schwerpunkt für sich selbst da schon auf Mission auch und hoffen auf eine spätere göttliche
Regierung und haben Ideen mit einer geistigen Welt wo die Ausgewählten dann regieren - als Geister-
dass sich neue Welten erschlossen werden und dass es eine Erde materiell 2.0 gibt aber dann ohne Alter, Tod, Krieg ect.
Schöne Idee, letzteres, aber für mich zu abgefahren und ich sehe keine realistische Verbindung.

Das hört sich schon wie der Himmel an, aber eben ohne das "Erde materiell 2.0". Im Himmel sollen ja auch alle Leiden, Fehlbarkeiten und irdischen Verführungen des Menschen abgelegt sein. Gut, und im Himmel würde dann nur Gott die göttliche Regierung führen.

Für mich persönlich sehe ich es schon als plausibel an, dass Besitz behäbig machen kann oder
vom eigenen Selbst / Umwelt trennen, von Belangen die andere betreffen.

Aber da mag es Ausnahmen geben, dass z B welche auch Projekte starten und Strukturen aufziehen,
um damit einen vertretbaren Wert und pro Umwelt zu leben.

Naja, es kommt denke ich schon sehr darauf an, von was für eine Art von "Besitz" man spricht - dahinter stecken schon bestimmte gesellschaftliche Verhältnisse. Bzw. leuchtet mir nicht ein, warum Reichtum an sich die Umwelt als menschliche Lebensgrundlage, Nachhaltigkeit usw. ruinieren soll. Es kommt da offensichtlich ganz darauf an, mit welchem Zweck gewirtschaftet wird.
Auch muss man sehen, das Interesse an Besitz "über alle Maßen hinaus" ebenfalls nur für bestimmte gesellschaftliche Verhältnisse gilt - und selbst da nur für bestimmte Schichten. Ich meine, selbst in dieser Gesellschaft wünscht sich ein Konsument nur so viel wie seine Bedürfnisse hergeben - man kann z.B. nur so viel Essen, wie der Magen verdauen will, niemand wünscht sich 100 Brote pro Tag.
Wie ist das aber mit den Produzenten in dieser Gesellschaft? Unternehmer treten auf den Markt, um ihr Vermögen zu vermehren. Anders gibt es ihren Betrieb auch gar nicht, sie müssen gegen Konkurrenten um Profit konkurrieren - wenn sie nicht mithalten können, dann gehen sie bankrott. Unternehmen haben also überhaupt Interesse an "maßlosem" Besitz, die Anhäufung von abstraktem Reichtum, eben Geld, mit dem man hierzulande Zugriff auf alle warenförmigen Reichtümer hat (sogar Arbeitsmittel und Arbeitskraft). Dieses Interesse an maßlosem Besitz ist eine Besonderheit der Marktwirtschaft, und nicht menschennatürlich.

Ich will nun nicht noch mehr off topic werden, aber noch kurz zum Letzten: Mit dem Beispiel der Konkurrenz habe ich einen Hinweis darauf gegeben, dass auch die wirtschaftliche Elite ökonomisch nicht frei walten kann, sondern sich ökonomischen Zwängen unterordnen muss, um weiterhin Erfolg zu haben. Anstatt also mit seinen Idealen enttäuscht auf die Realität zu schauen, könnte man einmal erklären, warum die Profitwirtschaft immerzu dieselben Schäden produziert, ganz unabhängig ob jemand da oben es böse meint oder nicht. Wenn ein Unternehmen immerzu "Rücksicht auf Konsequenzen" (für Umwelt, Arbeiter, Verbraucher) seiner geldwirtschaftlichen Zwecke nimmt, ist stark anzuzweifeln, dass er im Wettbewerb mithalten kann. Selbst diese Bio- und Fairtrade-Produkte usw. werden ja inhaltlich immer mehr verwässert; daneben dauernd Skandale, weil das Zeug sich anders nicht rentiert; bei hohen Preisen ist dann noch zu fragen, wer sich das leisten könnte, wenn man alles, was man kauft danach richtet - und überprüfen können, wie fair und nachhaltig das Zeug ist.
Okay, jetzt ist der Beitrag doch mehr off topix geworden als gewollt. :D

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Re: Glaubt ihr an Gott?

Beitragvon Richey Edwards » 23. Juli 2021, 13:12

Ich glaube, dass es im Menschen eine grundlegende Eigenschaft gibt, die über
das Mensch-Sein hinausweist, und das ist die Transzendenz.
Ohne diese grundlegende Eigenschaft wäre es nicht möglich gewesen,
dass sich in verschiedenen Kulturen unabhängig voneinander
verschiedene Arten von Gottesglauben entwickelt hätten.
Das ist mal das eine, ein grundlegendes Bedürfnis, das
auch die Frage nach dem Sinn menschlicher Existenz mit einschließt.

Die Frage "Glaubt ihr an Gott" ist ja ziemlich eingeengt durch
Kultur, Tradition, usw. Die Frage legt mir ja nahe, dass ich mich
für oder gegen diesen kulturell entstandenen und mit der Zeit
gewachsenen Gott zu entscheiden hätte.
Man könnte aber genauso gut fragen "Glaubst du an fliegende,
versalzene Spiegeleier?" oder "Glaubst du an fliegende,
stinkende, alte Pantoffel?"

Anders sieht es aber aus, wenn es darum geht, ob es
eine höhere Ebene geben kann, eine Ebene, die der Mensch
mit seinen Denkwerkzeugen gar nicht begreifen kann.
Eine Ameise kann einen Menschen vor sich haben und
auf ihm herumkrabbeln, ohne in der Lage zu sein, diesen
Menschen in seiner Gesamtheit begreifen zu können.
(So, wie ein Mensch einen anderen Menschen "begreifen"
würde.)
So ähnlich könnte es auch mit dem Verhältnis des Menschen
zu Gott, oder sagen wir lieber zu einer höheren Ebene, aussehen.
Wir alle haben diese höhere Ebene möglicherweise
die ganze Zeit unmittelbar vor uns, sind aber mit
unseren beschränkten Möglichkeiten niemals in der Lage,
diese höhere Ebene als solche wahrzunehmen und zu verstehen.
Der Versuch, in diese Ebene Einblick zu erhalten, ist ja verständlich,
aber ich bin der Meinung, dass er immer so ähnlich
enden wird, wie wenn eine Ameise versuchen würde,
die Menschen und ihre Kultur zu verstehen.
Nämlich mit einem kläglichen Scheitern. (Betonung liegt auf kläglich.)
Ich würde keinem Club angehören wollen, der mich als Mitglied aufnimmt. (G. Marx)
Wenn man im fahrenden Zug in die Gegenrichtung geht, fährt der Zug trotzdem in die falsche Richtung. (Welzer) Es gibt keine hoffnungslosen Fälle, nur hoffnungslose Menschen.

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Re: Glaubt ihr an Gott?

Beitragvon tiffi » 24. Juli 2021, 10:41

zum OT oder im weitesten Sinne "Gott ist das Geld".
Insuffizienz hat geschrieben:Auch muss man sehen, das Interesse an Besitz "über alle Maßen hinaus" ebenfalls nur für bestimmte gesellschaftliche Verhältnisse gilt - und selbst da nur für bestimmte Schichten. Ich meine, selbst in dieser Gesellschaft wünscht sich ein Konsument nur so viel wie seine Bedürfnisse hergeben - man kann z.B. nur so viel Essen, wie der Magen verdauen will, niemand wünscht sich 100 Brote pro Tag.
Das sehe ich nicht so. Es werden künstliche Bedürfnisse geweckt.
Vielleicht käme man mit 5 Lebensmitteln klar oder 10. In der Werbung wird für Neuerungen geworben
für Dinge, die man im Grunde schon vorher nicht brauchte, aber die man alle halbe Jahr ersetzen sollte.

In einem Supermarkt muss ich so 90-95% der Sachen ignorieren und ich kaufe auch noch sinnloses Zeug.

Dinge/technisches Gerät, wo mein Vater noch meinte, die hätte er sein Leben lang gehabt aber min. so 20-25 Jahre,
kann man heute dann auch noch alle 3-5 Jahre neu kaufen mit den Folgen Belastung in Produktion und
später Verschrottung. Verlagerung der Standorte in Billigstgebiet mit den Kosten Kinderarbeit.
Heute werden andere Schwerpunkte gesetzt. Den Massenkonsum aufrecht erhalten, den man mit nachhaltigen
Produkten nicht mehr am Laufen hätte.
Insuffizienz hat geschrieben:Ich will nun nicht noch mehr off topic werden, aber noch kurz zum Letzten: Mit dem Beispiel der Konkurrenz habe ich einen Hinweis darauf gegeben, dass auch die wirtschaftliche Elite ökonomisch nicht frei walten kann, sondern sich ökonomischen Zwängen unterordnen muss, um weiterhin Erfolg zu haben. Anstatt also mit seinen Idealen enttäuscht auf die Realität zu schauen, könnte man einmal erklären, warum die Profitwirtschaft immerzu dieselben Schäden produziert, ganz unabhängig ob jemand da oben es böse meint oder nicht.
Dass jemand "da oben" es böse meint ist auch nicht mein Steckenpferd.
Eher "Geld regiert die Welt".

Und dass alle in diesen Strukturen sind ist schon wahr. Da kann ein Bill Gates Milliarden locker machen,
aber ob das jetzt Strukturen ändert, oder Dinge wie Artensterben, Kinderarbeit usw dann noch weiterhin laufen,
ich denke schon. Ich hab aber keine Ahnung, in was er investiert hat und ob er auch Projekte im Auge hat
die faires Handeln fördern.

Gesellschaft ändert sich aber auch eher sehr langsam. Nur ich bin mir noch nichtmals
sicher, ob überhaupt schon ernsthafte Ansätze für neue Entscheidungen da sind,
oder das Geld/Maximalprofit und "Bedürfnisse" wichtiger sind als erzeugtes Elend.

Immerhin, der Aldi will jetzt wenigstens mal die elendste Wurst aus dem Sortiment nehmen.
Achso, zu früh gefreut. Ab 2025/2030
https://www.faz.net/aktuell/wirtschaft/ ... 07328.html

@Topic
Richey Edwards hat geschrieben:Ich glaube, dass es im Menschen eine grundlegende Eigenschaft gibt, die über
das Mensch-Sein hinausweist, und das ist die Transzendenz.
Ohne diese grundlegende Eigenschaft wäre es nicht möglich gewesen,
dass sich in verschiedenen Kulturen unabhängig voneinander
verschiedene Arten von Gottesglauben entwickelt hätten.
Das ist mal das eine, ein grundlegendes Bedürfnis, das
auch die Frage nach dem Sinn menschlicher Existenz mit einschließt.
Ja, denke ich auch.
Und Religion ist vielfältig und wächst in der Kultur ebenso wie die Sprache.

Es gibt über 1000 (bekannte erforschte) Religionsformen weltweit, aber diskutiert werden meist die
wenigen Weltreligionen.
Richey Edwards hat geschrieben:Die Frage "Glaubt ihr an Gott" ist ja ziemlich eingeengt durch
Kultur, Tradition, usw. Die Frage legt mir ja nahe, dass ich mich
für oder gegen diesen kulturell entstandenen und mit der Zeit
gewachsenen Gott zu entscheiden hätte.
Ja, das ist dann irgendwie ein "Menschengott", der aus der ganzen Geschichte geformt wird.
Wenn sich die Vertreter der Religion in der eigenen Kultur da rücksichtslos, imperialistisch vorgingen,
dürfte es für viele schwer fallen, hinter diesem ganzen Paket zu stehen.

Ggf. findet man für sein Basisbedürfnis darin nichts (Sinn, Vertrauen), und ist befremdet in der eigenen Kultur,
vielleicht findet man diese Basisorientierung woanders.(Familie, Freunde, Wissen, Schreiben, Natur, ect...).

Vielleicht gibt es auch Zeiten / Phasen, wo es keine Antworten gibt und eine Art Heimatlosigkeit
im Bereich Sinn und Lebensfragen.
(Das würde vielleicht auch absolute Antworten und Ab- wie Ausgrenzung in welchem Lebensbereich auch
immer attraktiv machen, und eine Hinneigung zu Sekten oder fundamentalen Gruppen).
Richey Edwards hat geschrieben:Anders sieht es aber aus, wenn es darum geht, ob es
eine höhere Ebene geben kann, eine Ebene, die der Mensch
mit seinen Denkwerkzeugen gar nicht begreifen kann.
Eine Ameise kann einen Menschen vor sich haben und
auf ihm herumkrabbeln, ohne in der Lage zu sein, diesen
Menschen in seiner Gesamtheit begreifen zu können.
(So, wie ein Mensch einen anderen Menschen "begreifen"
würde.)
So ähnlich könnte es auch mit dem Verhältnis des Menschen
zu Gott, oder sagen wir lieber zu einer höheren Ebene, aussehen.
Wir alle haben diese höhere Ebene möglicherweise
die ganze Zeit unmittelbar vor uns, sind aber mit
unseren beschränkten Möglichkeiten niemals in der Lage,
diese höhere Ebene als solche wahrzunehmen und zu verstehen.
Der Versuch, in diese Ebene Einblick zu erhalten, ist ja verständlich,
aber ich bin der Meinung, dass er immer so ähnlich
enden wird, wie wenn eine Ameise versuchen würde,
die Menschen und ihre Kultur zu verstehen.
Nämlich mit einem kläglichen Scheitern. (Betonung liegt auf kläglich.)
Das erinnert mich an so ein Sinnbild, dass Gott ein Elefant wäre und jede Religion tastet an einer anderen Stelle,
die eine sagt "Gott ist ein langes Rohr" und die andere sagt "Gott ist rauh und rundlich" oder "Ein Pfeiler".
Jeder hat eine andere Perspektive. Aber jeder tastet blind und sieht nicht das ganze.

Und Janosch (der mit der Tigerente, der hatte wohl auch philosophische Seiten), schrieb mal sowas wie:
"ihr sucht die Wahrheit, dabei denkt ihr nicht daran, dass sie euch zerquetschen könnte wie man eine Fliege
zwischen den Schenkeln zerquetscht".

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Re: Glaubt ihr an Gott?

Beitragvon Nebelhorn » 3. Juli 2022, 14:11

Sehe mich als Agnostiker. Ich empfinde die Konzepte der Atheisten/Theisten/Deisten als Anmaßung. Wir haben nicht das Recht die letzten Dinge zu wissen, vermutlich.


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