Hallo Insuffizienz,
bin jetzt selbst mal gespannt, wie da ein Austausch möglich ist, und diesmal liegts an mir.
Mein Hintergrund in der Sache ist, dass ich vor 15 Jahren mal eine Freikirche besucht hab, dann so
interne Bibelstudien betrieben hab, in Foren mal Leute von anderen Richtungen befragt hab (aber durchaus noch
in der Blase drin), und selbst nie Teil davon wurde (aber die Gedanken wurden Teil von mir
)
Dann hab ich aus der aktuellen Zeit damit ein paar Gedanken verknüpft, die in Richtung Ethik gehen
oder politische Beobachtungen, aber es bleibt ein "hausgemachtes Süppchen" und damit ja nicht
wirklich substanziell für eine Diskussion.
Hätte ich auch ganz unabhängig vom christlichen Glauben formulieren können.
Ist im Grunde ein völliger Basis Gedanke, wobei, vermutlich auch Idealismus- dass der Mensch rein harmonisch
eingefügt ist in seine Umwelt, mit anderen Wesen, offen und auch demütig.
Ich schau mal, auf was ich eingehen kann.
Insuffizienz hat geschrieben:Gott gibt es auch nicht anders, eben als ein Prinzip hinter allem, dessen Wille geschehe.
Sehe ich nicht zwangsläufig so.
Es gibt auch andere Religionen, mit Göttern, mit verschiedensten Funktionen und Charaktereigenschaften,
naturalistischen Gottheiten, oder Buddhismus, in denen es alleine um Prinzipien geht.
Aber die Threadfrage weist wohl schon auf Monotheismus hin, so habe ich den Subtext dann gelesen und
mich darauf auch bezogen.
Insuffizienz hat geschrieben: Ich würde zu deiner Einschätzung des „Urchristentums“ anmerken – und das ohne Experte zu sein, aber eben mit dem Wissen um Grundlagen des Christentums welcher Form auch immer –, dass diese gar nicht von den Bedürfnissen der Leute ausgegangen sind – was du ja auch schon angemerkt hast. Du sagst (zwar die weltlichen Prinzipien dabei herausfilternd), die hätten damals beklagt: „Es gibt Verlierer. Vieles ist anmaßend.“
Nur, wie meinen Gläubige das?
Im damaligen Kontext in Richtung "das Joch der Treiber und Unterdrücker soll gebrochen werden". Oder "lastet den Kleinen keine weiteren Regeln auf, die hängen wie Mühlsteine um ihren Hals".
Das Gesamtpaket christlicher Sichtweise ist aber eine Vision, die wie du sagst, auch auf das Jenseits hinweist.
Die im Diesseits noch eine relative Machtlosigkeit beschert.
Mit diesen Gedanken, Jenseits usw, nur in einer Gemeinde sein mit Gleichgesinnten mit einer doch sehr strikten
Sichtweise, bin ich nicht identifziert.
An Jenseits glaub ich z B gar nicht und denke, für mich ist das gegessen, wenn ich tot bin. Ich hoffe es noch nichtmals
dass es weitergeht.
Insuffizienz hat geschrieben:Dass Christen eine vernünftige Gesellschaft einrichten wollten, in der alle mit ihren Bedürfnissen und Interessen möglichst zum Zuge kommen, passt ja mal gar nicht in deren Vorstellungswelt. Wer seinen Fokus auf das Diesseits richtet, verabschiedet sich offensichtlich gerade vom Jenseits.
Am ehesten Macht- und Herrschaftsbezogene Aussagen hab ich da noch in einem Mailaustausch mit den
Zeugen Jehovas gelesen.
Die sagen z B dass der Mensch alle möglichen Regierungsphasen durchlebt, von Priesterherrschaft, bis Kaiserherrschaft
und ganz am Ende steht die Demokratie. Die sagen z B die steht auf tönernen Füßen, wobei tönern hier meint
Ton= Erde= Mensch der auch aus Materie ist.
Aber brauchbar in Richtung, wie gestalte ich das Diesseits fand ich das jetzt nicht.
Die legen den Schwerpunkt für sich selbst da schon auf Mission auch und hoffen auf eine spätere göttliche
Regierung und haben Ideen mit einer geistigen Welt wo die Ausgewählten dann regieren - als Geister-
dass sich neue Welten erschlossen werden und dass es eine Erde materiell 2.0 gibt aber dann ohne Alter, Tod, Krieg ect.
Schöne Idee, letzteres, aber für mich zu abgefahren und ich sehe keine realistische Verbindung.
Insuffizienz hat geschrieben:Unter diesem Gesichtspunkt polemisieren Christen seit Jahrhunderten gegen den Wucher von Kaufleuten.
ich meinte da nicht den sinnesfeindlichen Aspekt, der Reichtum verbietet, und es war noch nichtmals
ein Verbot, so wie ich diesen Spruch lese mit dem Kamel und Reichen - nur eine Feststellung- es stößt sich
ab wie zwei unpassende chemische Zustände.
Für mich persönlich sehe ich es schon als plausibel an, dass Besitz behäbig machen kann oder
vom eigenen Selbst / Umwelt trennen, von Belangen die andere betreffen.
Aber da mag es Ausnahmen geben, dass z B welche auch Projekte starten und Strukturen aufziehen,
um damit einen vertretbaren Wert und pro Umwelt zu leben.
Insuffizienz hat geschrieben:Das Leid zu spüren ist natürlich nicht falsch, ein Gefühl ist ja ohnehin subjektiv und deshalb an sich nicht objektiv wahr oder falsch. Was man darüber denkt, wäre doch entscheidend – und nach wahr und falsch zu beurteilen.
Ja, da ist was dran. Ich dachte jetzt auch noch darüber nach, was es bringt, wenn einige traumatisiert
sind, und viele den traumatischen Stress nachfühlen. Aber dann?
Du armes Opfer, etwas Mitleid, ein Trostpflaster wäre dann für mich keine gute Bewertung.
Trauma entsteht dadurch, dass mit Leben und Wesen nicht gut umgegangen wird, brutale Verletzung.
Entweder höhere Gewalt (Unfall, Unglück) oder auch bewusst ausgeübt (Mord, Krieg) oder billigend
in Kauf genommen. Beim Thema Besitz- über alle Maßen hinaus- ohne Rücksicht auf Konsequenzen-
ist das für mich letzteres. Billigend in Kauf genommen.
Insuffizienz hat geschrieben:Es ist vielmehr der Zynismus von Christen, Mitleid mit Verlierern zu haben. Denn ihnen sind „Gottes Wege unergründlich“ (wie könnte auch ein kleiner Erdenbewohner den Allwissenden und Allmächtigen verstehen?), da mag manchem, den das Schicksal trifft, eine Prüfung Gottes anheimfallen oder gar seine gerechte Strafe.
Diese Haltung ist mir auch zu zynisch.
Auch das Almosengeben, dabei entmündigen, zu nahe zu treten oder dafür etwas zu fordern. Und sei
es Dankbarkeit oder Loyalität.
Die Gefühle des Menschen werden schneller erregt als sein Verstand; und, wie ich vor einiger Zeit in einem Artikel über den Akt der Kritik ausgeführt habe, es ist weitaus einfacher für das Leiden Mitgefühl zu empfinden als Sympathie für Gedanken zu hegen.
Dementsprechend stellen sie sich selbst, mit bewundernswerten, aber fehlgeleiteten Absichten, die äußerst ernste und äußerst sentimentale Aufgabe, die Übel zu heilen, die sie beobachten. Aber ihre Gegenmittel heilen nicht die Krankheit: sie verlängern diese bloß. In Wahrheit sind ihre Gegenmittel Teil der Krankheit. Sie versuchen bspw. das Problem der Armut zu lösen, indem sie die Armen am Leben halten; oder im Fall einer sehr fortschrittlichen Schule, indem sie die Armen belustigen. Aber das ist keine Lösung: es ist eine Verschlimmerung der Problematik. („Die Seele des Menschen im Sozialismus“, Oscar Wilde, 1891,
https://www.marxists.org/deutsch/archiv ... /seele.htm)
Da ist was dran. Sentimentalität alleine und Betroffenheit alleine mildert nichts.
Vermeidet auch nicht mehr desselben.
Nun gehen ja manche auch den Weg- erst die Gedanken, und dann die Emotionen aufrühren. Das wäre mir
auch nichts. Eher sowas Hand in Hand.....wachsam sehen, mitfühlen.
(Bewerten, Folgen, Handeln----kann ich in Theorie zustimmen, in Praxis fehlt mir da aber was, da lebe ich
so zurückgezogen, oft am Rand der Nerven/Kräfte und passiv).
Insuffizienz hat geschrieben:]Nebenbei will ich noch die Frage stellen, was deine politische Analyse anbelangt: Ist es nun der böse Wille, der übertriebene Egoismus der Reichen und Mächtigen, dass die sozialen Schäden produziert werden? – oder hat die Sache System? Gibt es Profitmacherei und die Konkurrenz ums Geld ohne die negativen „Folgen (für Umwelt, Schäden anderer Menschen, Nachteile anderer Menschen)“?
Es werden nicht nur soziale Schäden produziert. Auch Umweltschäden, Artensterben.
Es sind nicht nur die Superreichen, aber ich denke, es gibt eine Elite (2%) die das größte Vermögen verwaltet
und die die größte Macht haben, um zu steuern.
Und ich denke, gerade wir im Westen wo noch fast alles plus etwas mehr da ist, sind dann eher ruhiggestellt,
viele profitieren so halbwegs und ihnen gefällt, was sie leben. Oder es ist Angst, unter die Räder zu kommen.
Ob die Sache System hat, kann ich nicht beantworten.
Vielleicht in der Richtung, Geld, Besitz, Macht beruhigt, und trennt.
Profit könnte gehen, wenn es unter fairen Bedingungen gemacht wird (Kosten abgewogen, Nachhaltigkeit,
faire Löhne) und eben das Gesamtpaket stimmt.