Anarchismus

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Re: Anarchismus

Beitragvon Insuffizienz » 17. März 2016, 17:02

http://www.urkommunismus.de/catalhueyuek.pdf
Catal Hüyük war eine Stadt in der heutigem Türkei, die etwa 2000 Jahre in der Jungsteinzeit bestand; guess what? höchstwahrscheinlich ohne Gewaltherrschaft wie z. B. ein Staat.

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vanBloom
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Re: Anarchismus

Beitragvon vanBloom » 26. März 2016, 21:05

Ich sehe das aus libertärer Sicht.

Will heißen: Anarchismus ist das Ziel. Der Weg ist es jedoch, die Gewalt des Staates koordiniert und geplant aufzuheben und die Gesellschaft auf die Anarchie vorzubereiten. Schrittweise. Staatsstrukturen & -gewalt haben jedoch ihre temporäre Legitimation und sind zunächst einmal unabdingbar.

Ich glaube tendentiell daran, dass Anarchie tatsächlich die best mögliche Form der gesellschaftlichen Organisation ist. Woran ich nicht glaube ist, dass man Anarchie über Nacht einführen kann und es einfach so funktioniert. Ich erachte die Gesellschaft als nicht bereit für ein Leben in Anarchie. Das ist nicht einmal abwertend gemeind, sondern schlicht eine Tatsache, geschuldet daran, dass den Menschen die Erfahrung fehlt selbstorganisiert Leben zu können. Sie brauchen einen Staat, bis sie keinen mehr brauchen.

Ich sehe hier einen Weg, der nur über mehrere Generationen beschritten werden kann. Die Menschen müssen zuerst einmal lernen sich selbst zu organisieren. Und man darf sie nicht gleich überfordern. Ab und an ein paar Reformen in Richtung der Anarchie sind zunächst einmal genügend. Fehler, Rückschläge und Missbrauch werden auf diesem Weg zwingend passieren. Daraus können wir als Gesellschaft dann lernen. Daran kann die Gesellschaft wachsen bis sie bereit ist.
"Wenn der Schnee schmilzt, sieht man, wo die Kacke liegt."
- Rudi Assauer, Focus Nr. 39 (2005)

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Re: Anarchismus

Beitragvon 2ost » 30. August 2019, 21:10

Moin,
Insuffizienz hat geschrieben:Ich liebe die Freiheit. In dieser Gesellschaft stoße ich jedoch auf unnötige Hindernisse, die mir meine Freiheit verwehren. Mir missfallen wesentliche entscheidende Aspekte unserer Gesellschaftsform, die ich anprangere. Seit Kurzem habe ich wahrscheinlich einen Lösungsansatz für die meisten meiner empfundenen Unzulänglichkeiten gefunden: Eine Anarchie.
Wäre mir zu anstrengend. Ich hörte mal eine Anarchstin aus der Hausbesetzterszene klagen wie aufreibend es sei in den gebildeten, ich nenne sie mal Gremien, jede Kleinigkeit zu debattieren, zu erstreiten und die anschließende Umsetzung (im Idealfall, das es zu einer Einigung denn kam) dann zu organisieren. Insbesondere da die Meisten sich zurücklehnen und die immer gleichen die Arbeit machen ließen. Der Erzählung nach, schien mir das sehr entnervend zu sein, eben weil man als Gemeinschaft wirklich alles selbst erledigen musste, einem wirklich nichts abgenommen wurde und eben nicht alle "mit anpackten".
Insuffizienz hat geschrieben:Zuvor war ich vom wahnsinnigem Irrglauben überzeugt, dass Kinder in die Schule müssen, um überhaupt "gebildet" - ich meine damit eher schlau, fähig zur Bildung der eigenen Meinung, individuelles Wissen besitzend usw. - sein zu können und ich war der festen Überzeugung, dass Kinder chaotische, unzivilisierte Wesen wären oder blieben, wenn sie nicht zur Schule gingen. Ich habe es einfach geglaubt, ohne Beweis, ohne überhaupt darüber nachzudenken.
Es gibt da ein lesenswertes Buch von einer Frau, die diese beiden Optionen höchstselbst kennen lernte. Ihr Resumee ist, denke ich, ein anderes denn deines.

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Re: Anarchismus

Beitragvon MeinNameIstHase » 1. September 2019, 14:33

Es kommt wahrlich auch auf die Art der Anarchie an, und auf deren Umsetzung. Die Ideen in der GWR, Graswurzelrevolution, klingen durchaus vernünftig und weit entfernt von den klischeebehafteten Äußerung der meisten Durchschnittsbürger, die sei eine gewalttätige, unstrukturelle sowie generell schlicht unvernünftige Idee. Allein sich Gedanken zu machen, scheint für die meisten einer innerlichen Müllverschmutzung gleichzukommen. Was ebenjene Personen wiederum zu unvernünftigen Menschen macht auf die ebenjene Attribute zutreffen, die sie eher den "bösen Anderen" zuschreiben.

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Re: Anarchismus

Beitragvon 2ost » 1. September 2019, 15:11

MeinNameIstHase hat geschrieben:[...] den klischeebehafteten Äußerung der meisten Durchschnittsbürger, die sei eine gewalttätige, unstrukturelle sowie generell schlicht unvernünftige Idee.
Dieses Missverständnis vieler beruht meines Erachtens auf einer schlichten Verwechslung von Anarchie mit Anomie.

2ost

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Re: Anarchismus

Beitragvon MeinNameIstHase » 9. September 2019, 00:04

2ost hat geschrieben:
MeinNameIstHase hat geschrieben:[...] den klischeebehafteten Äußerung der meisten Durchschnittsbürger, die sei eine gewalttätige, unstrukturelle sowie generell schlicht unvernünftige Idee.
Dieses Missverständnis vieler beruht meines Erachtens auf einer schlichten Verwechslung von Anarchie mit Anomie.

2ost


Den Verdacht hege ich schon lange. Wenn Mensch nur mal die Mittel nutzen könnte, die ihm an die Hand gegeben wurden. Dann würde man schnell merken, das links ungleich Stress-Macher ist, Anarchist ebenfalls ungleich Krawalltyp. Einige Fleichpfeifen gibt es nun leider überall mal.

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Re: Anarchismus

Beitragvon ToWCypress81 » 30. April 2020, 21:17

Ich will auch ein Gangster Gärtner werden :knasti:
Super Idee, wichtiges Thema, cooler Typ.
https://m.youtube.com/watch?v=pl4lYbCn9XI
https://m.youtube.com/watch?v=EzZzZ_qpZ4w
Ron Finley
"Vergleiche dich niemals mit anderen. Vergleiche dich immer nur mit deinem früheren Ich". - R. M.

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Re: Anarchismus

Beitragvon Nebelhorn » 3. Juli 2022, 14:08

Anarchie ist was für die Reichen, du würdest es keine fünf Minuten aushalten in einer gesetzlosen Zone, der Reiche hingegen kann bewaffnete Banden ernähren und mustern. Ich sehe Anarchismus nur sinnvoll als philosophisches Konzept. Ja man will nicht beherrscht werden und auch nicht beherrschen, aber ein kleines bisschen Regierung nützt auch den Schwächsten in unserer Gesellschaft. Tendiere daher zwischen Sozialstaat, den wir schon haben, oder Minarchismus, also Nachtwächterstaat mit so wenig Regierung wie möglich.

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Re: Anarchismus

Beitragvon 2ost » 3. Juli 2022, 17:54

Wie hier drüber von mir schon geschrieben, Nebelhorn: Ich glaube, du verwechselst gerade Anomie und Anarchie.

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Re: Anarchismus

Beitragvon Chrisp » 4. Juli 2022, 08:50

Ich habe ja in einem anderen Thread bereits bekannt gemacht, dass ich in politischen Strukturen und Prozessen ein ungebildeter Mensch bin (man kann es durchaus Vollidiot diesbezüglich nennen): Daher frage ich nach.

Mir ist der gravierende Unterscheid zwischen demokratischen Prozessen/Strukturen und der Anarchie (eben nicht Anomie) nicht klar. Wäre daher eine Hilfe, es könnte mir jemand diese benennen. (Im Augenblick ist Anarchie für mich auch eine demokratische Struktur)

Für mich ist eine Regierung/ein Staat nicht gleich zu setzen mit "Herrschern" also Herrschenden und Beherrschten und schon gar nicht mit "Gewaltherrschaft".
Regierung ist für mich eine Lenkung/Führung (nicht im Sinne eines Führers!), sondern von diesbezüglich (hoffentlich) qualifizierten Menschen also mit Fachwissen. (Daher die Ähnlichkeit zwischen Demokratie und Anarchie bei mir, zu wenig Infos dazu)
Dementsprechend behaupte ich, dass manche Menschen lenken wollen und manche gelenkt werden wollen. Nicht immer und ausschließlich. Und ob sie es können ist auch eine ganz andere Frage.


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